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Abhandlung II. § 107. 108. 109.
„strafwürdig macht.“ Ich habe auch gezeigt, dass jeder
dieser Punkte seine Schwierigkeiten hat; die grösste
liegt aber darin, dass Gott an dem moralischen Uebel in
moralischer Weise mitwirkt, d. h. an der Sünde, ohne
doch deren Urheber oder ein Mitschuldiger dabei
zu sein.
108. Er thut es, indem er es gerechter Weise
zulässt und indem er uns in seiner Weisheit zum
Guten leitet, wie ich es in einer genügend verständ
lichen Weise dargelegt haben dürfte. Aber da gerade
hier Herr Bayle es unternimmt, diejenigen zu Boden zu
schlagen, welche behaupten, dass der Glaube nichts ent
halte, was sich mit der Vernunft nicht vertrüge, so
habe ich auch gerade hier zu zeigen, dass meine Sätze
von einem Wall geschützt sind, und selbst von Gründen,
welche dem stärksten Feuer seiner Batterien widerstehen
können, um bei seinem Gleichniss stehen zu bleiben.
Seine Angriffe gegen mich finden sich in Kap. 144 seiner
Antwort auf die Fragen etc. (Theil III. S. 812), wo er
die theologische Lehre in sieben Sätze zusammenfasst
und ihr neunzehn philosophische Sätze entgegenstellt,
gleich so vielen schweren Kanonen, um einen Riss in
meinen Wall zu seliiessen. Ich beginne mit den theo
logischen Sätzen.
10». L „Gott,“ sagt er, „das ewige, nothwendige,
„unendlich gute, heilige, weise und mächtige Wesen
„besitzt von aller Ewigkeit einen Ruhm und eine Selig
keit, welche niemals sich vermehren noch vermindern
„kann.“ Dieser Satz des Herrn Bayle ist ebenso philo
sophisch, wie theologisch. Wenn man sagt, Gott besitze
einen Ruhm, wenn er allein ist, so hängt dies von der
Bedeutung dieses Wortes ab. Man kann mit Einigen
sagen, dass der Ruhm in der Genugthung bestehe, welche
sich aus der Kenntniss der eigenen Vollkommenheiten
ergebe und in diesem Sinne besitzt Gott diesen Ruhm
immer; besteht aber der Ruhm darin, dass die Andern
davon Kenntniss erhalten, so kann man sagen, dass Gott
diesen Ruhm nur erwirbt, wenn er sich vernünftigen
Geschöpfen zu erkennen giebt, obgleich es richtig ist,
dass Gott dadurch kein neues Gut erlangt, sondern
dass vielmehr die vernünftigen Geschöpfe darin ein Gut