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Vorrede.
tliun. Man wird vielleicht solche Gründe nicht dazu
missbrauchen, dass man das Unsittliche begünstigt, allein
man wird doch mitunter in Verlegenheit gerathen, wenn
man ein Urtheil über fremde Handlungen fällen soll,
oder vielmehr wenn man Eiuwänden begegnen soll,
unter denen es auch solche giebt, welche sich auf die
Handlungen Gottes beziehen und von denen ich bald
sprechen werde. Da die Annahmen einer unüberwind
lichen Nothwendigkeit aller Gottlosigkeit die Thür öffnet,
sei es in Folge der Straflosigkeit, die man daraus ab
leiten kann, oder sei es, weil es nutzlos sei, einem, alles
mit sich fortreissenden Strome zu widerstehen, so ist es
wichtig, dass man auf die verschiedenen Grade der
Nothwendigkeit liinweise, um zu zeigen, dass es Grade
derselben hier giebt, die unschädlich sind, aber auch
andere, die man nicht zulassen kann, wenn man nicht
schlechten Folgerungen Raum geben will. ! )
Manche gehen selbst noch weiter und benutzen die
Nothwendigkeit nicht blos als Vorwand dafür, dass die
Tugend und das Laster weder schaden noch nützen,
sondern sie sind sogar so kühn, die Gottheit zur Mit
schuldigen ihrer Fehler zu machen. Sie folgen den alten
heidnischen Völkern, welche den Göttern die Ursachen
ihrer Verbrechen zuschoben, als wenn eine Gottheit sie
zu dem Unrechtthun hintriebe. Die christliche Philo
sophie, welche besser, als die alte, die Abhängigkeit aller
Dinge von den ersten Urheber und dessen Mitwirkung
zu allen Handlungen der Geschöpfe erkannt hat, scheint
diese Verlegenheit nur zu steigern. Manche kluge Leute
sind in unsern Tagen dahin gelangt, dass sie den Ge
schöpfen alles Handeln absprechen und Herr B a y 1 e k ),
welcher ein wenig zu diesen aussergewöhnlichen An
sichten hinneigte, hat sie zur Wiederaufrichtung jenes
gefallenen Lehrsatzes von den zwei Prinzipien oder von
den zwei Göttern benutzt, einem guten und einem
schlechten, als wenn dieser Lehrsatz besser die Schwierig
keiten über den Ursprung des Bösen beseitigte *). Indess
erkennt er doch im üebrigen an, dass diese Ansicht sich
nicht aufrecht erhalten lasse, und dass der Satz, wonach
es nur ein Prinzip giebt, unbestreitbar in der Vernunft
a priori begründet sei. Aber er will doch daraus
folgern, dass unsere Vernunft sich verwirrt, die Einwürfe