Full text: Die Theodicee. (4)

12 
Vorrede. 
tliun. Man wird vielleicht solche Gründe nicht dazu 
missbrauchen, dass man das Unsittliche begünstigt, allein 
man wird doch mitunter in Verlegenheit gerathen, wenn 
man ein Urtheil über fremde Handlungen fällen soll, 
oder vielmehr wenn man Eiuwänden begegnen soll, 
unter denen es auch solche giebt, welche sich auf die 
Handlungen Gottes beziehen und von denen ich bald 
sprechen werde. Da die Annahmen einer unüberwind 
lichen Nothwendigkeit aller Gottlosigkeit die Thür öffnet, 
sei es in Folge der Straflosigkeit, die man daraus ab 
leiten kann, oder sei es, weil es nutzlos sei, einem, alles 
mit sich fortreissenden Strome zu widerstehen, so ist es 
wichtig, dass man auf die verschiedenen Grade der 
Nothwendigkeit liinweise, um zu zeigen, dass es Grade 
derselben hier giebt, die unschädlich sind, aber auch 
andere, die man nicht zulassen kann, wenn man nicht 
schlechten Folgerungen Raum geben will. ! ) 
Manche gehen selbst noch weiter und benutzen die 
Nothwendigkeit nicht blos als Vorwand dafür, dass die 
Tugend und das Laster weder schaden noch nützen, 
sondern sie sind sogar so kühn, die Gottheit zur Mit 
schuldigen ihrer Fehler zu machen. Sie folgen den alten 
heidnischen Völkern, welche den Göttern die Ursachen 
ihrer Verbrechen zuschoben, als wenn eine Gottheit sie 
zu dem Unrechtthun hintriebe. Die christliche Philo 
sophie, welche besser, als die alte, die Abhängigkeit aller 
Dinge von den ersten Urheber und dessen Mitwirkung 
zu allen Handlungen der Geschöpfe erkannt hat, scheint 
diese Verlegenheit nur zu steigern. Manche kluge Leute 
sind in unsern Tagen dahin gelangt, dass sie den Ge 
schöpfen alles Handeln absprechen und Herr B a y 1 e k ), 
welcher ein wenig zu diesen aussergewöhnlichen An 
sichten hinneigte, hat sie zur Wiederaufrichtung jenes 
gefallenen Lehrsatzes von den zwei Prinzipien oder von 
den zwei Göttern benutzt, einem guten und einem 
schlechten, als wenn dieser Lehrsatz besser die Schwierig 
keiten über den Ursprung des Bösen beseitigte *). Indess 
erkennt er doch im üebrigen an, dass diese Ansicht sich 
nicht aufrecht erhalten lasse, und dass der Satz, wonach 
es nur ein Prinzip giebt, unbestreitbar in der Vernunft 
a priori begründet sei. Aber er will doch daraus 
folgern, dass unsere Vernunft sich verwirrt, die Einwürfe
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.