Full text: Die Theodicee. (4)

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Vorrede. 
Man braucht auch nicht weiter vorgeschritten zu 
sein, um mit dem heiligen Augustinus zu sagen, dass alle 
Menschen durch die Sünde Adams in der Verdammniss 
befasst seien und Gott sie deshalb alle in ihrem Elende 
lassen könnte; es sei deshalb eine reine Güte, wenn er 
einige daraus befreie. Denn abgesehen davon, dass es 
sonderbar ist, wie die Sünde eines Fremden Jemanden 
zur Verdammniss bringen solle, bleibt immer die Frage, 
weshalb Gott nicht Alle befreit habe, weshalb er nur 
den kleinern Theil befreit und weshalb er die Einen 
vor den Anderen vorziehe. Es ist wahr, dass er deren 
Herr ist, aber er ist ein guter und gerechter Herr; 
seine Macht ist zwar unbeschränkt, aber seine Weisheit 
erlaubt ihm nicht, sie in einer willkürlichen und 
despotischen Weise zu üben, die in Wahrheit tyrannisch 
sein würde. 
Ueberdem ist der Sündenfall des ersten Menschen 
nur eingetreten, weil Gott es gestattet hat und Gott 
kann dessen Gestattung nicht beschlossen haben, ohne 
dessen Folgen vorhergesehen zu haben, nämlich das 
Verderben des ganzen Geschlechts der Menschen und der 
Auswahl einer kleinen Zahl, während alle Andern ver 
lassen wurden. Deshalb hilft es nichts, die Schwierig 
keit dadurch zu verhüllen, dass man sich auf die schon 
verdorbene Menge beschränkt; denn man muss trotzdem 
auch die Kenntniss der Folgen der ersten Sünde mit 
berücksichtigen, welche Kenntniss dem Beschlüsse voraus 
ging, durch welchen Gott diese erste Sünde gestattete 
und wodurch er gleichzeitig gestattete, dass die Niclit- 
Aus erwählten in die Summe der Verderbniss mit ein 
begriffen wurden und daraus nicht befreit werden 
würden; denn Gott und der Weise beschliessen nichts 
ohne die Folgen zu bedenken. 
Ich hoffe alle diese Schwierigkeiten beseitigen zu 
können, und werde darlegen, dass die unbedingte 
Nothwendigkeit, die man auch die logische oder 
metaphysische und manchmal auch die geometrische 
nennt, und die man allein hier zu fürchten hätte, bei 
den freien Handlungen nicht besteht und dass somit die 
Freiheit nicht blos dem Zwange, sondern auch der 
wahren Nothwendigkeit entnommen ist. Ich werde dar 
legen, dass selbst Gott zwar immer das Beste wählt, aber
	        
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