Abhandlung II. § 230. 231.
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verschaffen. Der Beschluss zur Schöpfung ist ein freier.
Gott hat die Richtung auf alles Gute; das Gute und
selbst das Beste machen ihn zum Handeln geneigt, aber
sie zwingen ihn nicht, denn seine Wahl macht das nicht
unmöglich, was von dem Bessern verschieden ist; sie
bewirkt nicht, dass das, was Gott unterlässt, einen
Widerspruch enthält. Es besteht daher eine Freiheit in
Gott, die nicht allein dem Zwange nicht unterliegt,
sondern auch nicht der Nothwendigkeit. Ich meine die
metaphysische Nothwendigkeit; denn es ist allerdings
eine moralische Nothwendigkeit, dass der Weiseste das
Beste zu wählen genöthigt ist. Ebenso verhält es sich
mit den Mitteln, welche Gott für die Erlangung seines
Ruhmes erwählt. Was die dabei vorkommenden Laster
anlangt, so habe ich früher gezeigt, dass sie als Mittel
kein Gegenstand seines Beschlusses sind, aber wohl als
Bedingung sine qua non (ohne die das Ziel nicht zu
erreichen ist). Nur deshalb ist das Laster erlaubt. Noch
weniger ist man berechtigt zu sagen, dass das Laster das
alleinige Mittel sei; höchstens wäre es eines von
den Mitteln, aber eines der geringsten unter einer un
endlichen Zahl anderer Mittel. 205 )
231. Herr Bayle fährt fort: „Damit kommt auch
„wieder eine andere hässliche Folge, nämlich die Schick-
„salsnothwendigkeit aller Dinge. Es stand Gott nicht
„frei, die Ereignisse in einer andern Weise zu ordnen,
„weil das von ihm erwählte Mittel, um seinen Ruhm zu
„offenbaren, allein seiner Weisheit entsprach.“ Dieses
vermeintliche Schicksal oder diese Nothwendigkeit ist
nur moralischer Art, wie ich gezeigt habe; sie berührt
die Freiheit nicht, vielmehr setzt sie deren besten Ge
brauch voraus und macht die Gegenstände, welche Gott
nicht erwählt, zu keinen unmöglichen. Herr Bayle fügt
hinzu: „Was wird da aus dem freien Willen des Men
schen werden? War es nicht Nothwendigkeit oder
„Schicksalsbestimmung, dass Adam sündigte? Denn hätte
„er es nicht gethan, so hätte er den einzigen Plan um-
„gestossen, den Gott nothwendig sich gemacht hatte.“
Auch dies ist eine Verdrehung der Worte. Dass Adam
frei sündigen werde, hatte Gott unter den möglichen
Plänen erkannt und Gott beschloss es, so wie es war,
wirklich werden zu lassen; dieser Beschluss ändert nicht
Theodicee von Leibniz.. 19