Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung II. § 231. 232. 233. 
die Natur der Dinge; er macht das nicht nothwendig, 
was an sich zufällig war, noch unmöglich, was möglich 
war. 20(i ) 
232. Herr Bayle fährt fort (S. 892): „Der scharf 
sinnige Scotus behauptet ganz richtig, dass wenn Gott 
„keine unbestimmte Freiheit habe, auch kein Geschöpf 
„diese Art von Freiheit haben könne.“ Ich trete bei, 
nur darf man unter unbestimmter Freiheit nicht die 
verstehen, wo kein Grund sie nach der einen oder 
andern Seite hin neigen macht. Herr Bayle erkennt an 
(später in Kap. 168, S. 1111), dass die sogenannte Un 
bestimmtheit, die Reize und das vorhergehende 
Angenehme nicht ausschliesse. Deshalb braucht in der 
Handlung, welche man frei nennt, nur keine metaphysische 
Nothwendigkeit enthalten zu sein, d. h. es genügt, wenn 
man unter mehreren möglichen Richtungen wählt. 
233. Herr Bayle fährt weiter fort (in dem genannten 
Kapitel 157, S. 893): „Wenn Gott nicht durch einen 
„freien Antrieb seiner Güte bestimmt wird, die Welt zu 
„schaffen, sondern zu Gunsten seines Ruhmes, welchen 
„er nothwendig liebt, und den allein er liebt, da er von 
„seiner Substanz nicht verschieden ist, und wenn seine 
„Liebe zu sich selbst sich in der Nothwendigkeit be 
endet, seinen Ruhm durch das passendste Mittel zu 
„offenbaren und wenn der Sündenfall der Menschen dazu 
„ein Mittel gewesen ist, so ist offenbar dieser Sündenfall 
„mit voller Nothwendigkeit geschehen und es war un 
möglich, dass Adam und Eva den Befehlen Gottes 
„gehorchen konnten.“ — Immer dieselben Verdrehungen! 
Die Liebe Gottes, die er zu sich selbst hat, ist ihm 
wesentlich; dagegen ist dies nicht mit der Liebe zu 
seinem Ruhme der Fall oder mit dem Wollen sich diesen 
Ruhm zu verschaffen. Die Liebe zu sich selbst hat ihn 
nicht zu äussern Handlungen gezwungen; sie sind freie 
gewesen und da Gott mehrere Pläne kannte, in denen 
die ersten Eltern nicht sündigen würden, so war deren 
Sünde nicht nothwendig. Endlich sage ich wirklich das, 
was Herr Bayle hier anerkennt, nämlich, dass Gott 
durch eine freie Regung seiner Güte sich zur 
Erschaffung der Welt bestimmt habe, und ich 
füge hinzu, dass dieselbe Regung ihn zur Erschaffung der 
besten Welt bestimmt hat.
	        
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