konnten sie hoffen, an diesen'Klassen wiederum Helfer für ihre eigenen
Priesterwünsche zu haben. Der erste Niederschlag solcher Gedanken und
Kompromisse ist die Gruppe von Geboten, die der ursprüngliche Text
des Elohisten an die Stelle der jahwistischen Zehn Gebote gesetzt hat.
Sie mögen etwa folgendermaßen gelautet haben:
1. Den Namen fremder Götter sollst du nicht nennen; nicht soll
er gehört werden in deinem Munde.
2. Nicht sollst du andere Götter außer mir machen; einen Gott
aus Silber oder Gold sollst du dir nicht machen.
3. Einen Altar von Erde sollst du mir machen und sollst auf ihm
deine Brandopfcr und deine Opfermahlzeiten opfern. Und wenn du
mir einen Altar aus Steinen bauen willst, so sollst du ihn nicht aus
behauenen Steinen bauen; denn dein Eisen hast du darüber ge
schwungen und hast ihn dadurch entweiht. Und du sollst nicht auf
Stufen zu meinem Altar hinaufsteigen, damit deine Vorhaut nicht
gegen ihn entblößt werde.
4. Und einen Fremdling sollst du nicht drücken und quälen.
Wenn du ihn aber bedrückst, ja, wenn er zu nur schreit, so will ich
sein Schreien wahrhaftig erhören. — Und wenn du meinem Volke, den:
Armen bei dir, Geld borgst, so sollst du ihm nicht wie ein harter
Gläubiger sein. Wenn du aber wirklich den Mantel deines Nächsten
abpfänden mußt, so gib ihn ihm wieder, wenn die Sonne untergeht.
Denn das ist ja seine einzige Decke, das die einzige Bekleidung seiner
Blöße. Worin sollte er sonst schlafen? Und es wird geschehen, wenn
er zu mir schreit, will ich ihn hören. Denn ich bin gnädig!
5. Den Ueberfluß deiner Tenne und den Ertrag deiner Kelter
sollst du nicht verzögern; den Erstgeborenen deiner Söhne sollst du
mir geben. So sollst du verfahren mit deinen Kindern und deinem
Kleinvieh: sieben Tage sollen sie bei der Mutter bleiben; am achten
Tage sollst du sie mir geben.
6. Und sechs Jahre sollst dn dein Land besäen und seinen Ertrag
einernten; und im siebenten Jahre sollst du es brach liegen lassen und
es preisgeben. Die Armen in deinem Volke mögen cs essen, und den
Rest mag das Tier des Feldes essen. Ebenso sollst du mit deinem
Weinberg und deinem Oelgarten verfahren. — Sechs Tage sollst du
dein Werk tun, und am siebenten Tage sollst du Sabbatrsthe halten,
damit dein Ochse und dein Esel sich erholen, und der Sohn deiner
Sklavin und der Fremdling einmal aufatmen kann.
7. Dreimal im Jahre sollst du mir ein Fest feiern: das Fest der
Mazzen und das Fest der Ernte und das Fest der Weinlese. Dreimal
im Jahre soll alles, was männlich ist, zum Angesicht des Herrn Jahwe
wallfahren.
8. Nicht sollst du zu gesäuertem Brote das Blut meines Opfers
schlachten; und nicht soll etwas übrig bleiben bis zum Morgen vom
Fett meines Opfers.
9. Das Beste, nämlich die Erstlinge deines Ackers, sollst du zum
Hause Jahwes, deines Gottes, bringen.
10. Nicht sollst du das Böckchen kochen in der Milch seiner Mutter.
(Stücke aus 2. Mose 20 bis 23.)
Es inag zweifelhaft erscheinen, ob auch in dieser Gebotreihe die
Grundform von zehn Geboten festgehalten war; wir haben sie unserer
seits so einzuteilen versucht, um den Vergleich der einzelnen Sätze mit
der Urform zu erleichtern. Vielleicht hat der ursprüngliche Verfasser
sich aber überhaupt nicht mehr an die Zehn-Zahl gebunden erachtet,