Gelegenheit gesagt haben sollte. Und die Zahl solcher „mosaischen"
Gesetze oder Spruchreihen konnte ins Unermeßliche wachsen.
Tatsächlich haben wir manche Spuren dafür, daß es schließlich
eine ganze Literaturgattung gab, die sich mit der Aufstellung solcher
einzelnen Reihen von Jahwesprüchen befaßte. Einzelne und in ihrer
Gesamtheit nicht unerhebliche Reste davon sind uns im dritten und
gelegentlich Wohl auch im fünften Buch Mose erhalten. Sie setzen alle
die Situation des elohistischen Geschichtsbuches voraus: Jahwe offen
bart sich dem Volk zum ersten Male mit seinem Jahwenamen und
gibt dabei zugleich über die Art und Weise seiner richtigen Verehrung
Bescheid. Beispielshalber seien zwei solcher Spruchreihen wörtlich
zitiert, die merkwürdige Berührungspunkte mit der späteren Form der
Zehn Gebote zeigen. ,
1. Du sollst das Feld nicht bis zum äußersten Rande abernten,
und auch eine Nachlese sollst Du von Deiner Ernte nicht halten.
Auch Deinen Weinberg sollst Du nicht nachlesen, und abgefallene
Beeren von Deinem Weinberge sollst Du nicht auflesen: dem Armen
und dein Fremdling sollst Du sie übriglassen. Ich bin Jahwet
2. Du sollst Deinen Nächsten nicht übervorteilen, und Du sollst
nicht rauben. Der Lohn Deines Tagelöhners soll nicht über Nacht
bis zum Morgen bei Dir bleibe». Du sollst einem Tauben nicht
fluchcii und einem Blinden kein Hindernis in de» Weg stellen, lliid
Du sollst Dich fürchten vor Deinem Gott! Ich bin Jahwe!
3. Du sollst lischt für bcn Niedrigen Partei nehmen, aber auch
den Großen nicht begünstigen. Mit Gerechtigkeit sollst Du Deinen
Volksgenossen richten. Gehe nicht als Verleumder in Deinem Volke
umher, und trachte Deinem Bruder nicht nach deiii Leben. Ich bin
Jahwe!
4. Hasse Deinen Bruder nicht in Deinem Herzen, sondern weise
Deinen Volksgenossen zurecht, daß Du nicht seinetwegen Sünde auf
Dich ladest. Sei nicht rachsüchtig >i»d trage Deinem Volksgenossen
nichts nach. Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst! Ich bin Jahwe!
5. Du sollst Deine Tochter nicht entweihen, indem Dil sie zur
heiligen Unzucht anhältst, dainit nicht das Land voll Dirnen ii»d
Unzucht werde. Vor grauem Haar sollst Du aufstehen, und den
Greis sollst Dn ehren. Und Dil sollst Dich fürchten vor Deinem
Gott! Ich bin Jahwe! . (Stücke aus 3. Mose 19.)
II.
1. Heilig sollt ihr fein; denn ich bin heilig, Jahwe, euer Gott.
2. Jeder soll seinen Vater und seine Mutter fürchten: und meine
Sabbate sollt ihr beobachten. Ich biil Jahwe, euer Gott.
3. Nicht sollt ihr euch zu den Götzen wenden, und einen Gott
aus Metallguß sollt ihr euch nicht machen. Ich bin Jahwe, euer Gott.
4. Ihr sollt nicht stehlen uiid nicht lügen und nicht betrügen,
ein jeder seinen Volksgenossen. Und ihr sollt nicht bei meinem Namen
zur Lüge schwören, daß ihr daniit meinen Namen entweiht. Ich bin
Jahwe, euer Gott.
6. Nicht sollt ihr etwas in seinem Blute essen; nicht sollt ihr
wahrsagen und Zauberkünste treiben; nicht sollt ihr die Seite eures
Haupthaares kreisförmig beschneiden; nicht sollt ihr um eines Toten
willen euch Einschnitte an eurem Leibe niachen; nicht sollt ihr euch
eine Tätowierung in die Haut brennen lassen. Ich biil Jahwe,
euer Gott.
Biblische Geschichten. V. 2