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den Mo sc mit den Kindern Israel nach dein Befehl Jahwes tut Lande
Moab schloß" (28, 69). Aber es folgt wieder nur eine lange Er
mahnungsrede, die ans ein abgeschlossenes Gesetzbuch und auf >segen-
und Fluchsprüche Bezug nimmt, die in ihm gestanden haben müssen.
Angesichts dieses Tatbestandes ist es nicht schwer zu sehen, daß der
heutige Text des fünften Buches Mose sich mit dem ursprünglichen Wort
laut des darin enthaltenen Gesetzbuches nicht mehr deckt. Es sind min
destens zwei große Ermahnungsreden am Ansang und vielleicht noch
mehr am Ende hinzugekommen; zudem zeigt muh das Gesetz selbst in sich
mehrere Wiederholungen, Erläuterungen und Stellen mit abweichendem
Stil. Auch dies Gesetz ist also später mehrfach bearbeitet worden, und es
ist nicht immer leicht, den ursprünglichen Faden zu finden.
Aber so viel ist sicher, daß hier ein „Gesetzbuch" vorliegt, das ein
mal mit Emleitungs- und Schlußrede zusammen ein selbständiges Buch
ausgemacht hat, unabhängig von den anderen uns bisher schon be
kannten Grundschristen der Fünf Bücher Mose. Dieses Gesetzbuch hat
von Anfang an den Titel: „Gesetz des Mose" getragen und ist so beliebt
und geachtet gewesen, daß man noch mehrfach neue Emleitungs- und
Schlußreden dazu geschrieben und auch seinen Text mehrfach erweitert
hat. Für unsere Zwecke kommen all diese Erweiterungen nicht weiter
in Frage. Wir stellen vielmehr nur zusammen und besprechen näher,
was etwa als ursprünglicher Text dieses „Gesetzbuches des Mose", besser
dieser großen Abschiedsrede des Mose angesichts seines Todes, betrachtet
werden darf.
Der Abfall von Jahwe.
Titel und Einleitung des Gesetzbuches haben etwa folgendermaßen
gelautet: „Dies ist das Gesetz, das Mose den Kindern Israel vorgelegt
hat. Höre, Israel, Jahwe ist unser Gott, Jahwe allein! Und du sollst
Jahwe, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen und von ganzer
Seele und mit all deiner Kraft." In diesem wuchtigen Eingangssatze
ist der Grundton und der Hauptgedanke dieses „Gesetzes" gegeben.
Der Satz ist eines der bekanntesten Worte des Alten Testaments.
Er ist, wie man weiß, im Neuen Testament in einem Jesus-Spruch
aufgenommen worden, und es heißt dabei, daß er das größte Wort
im ganzen Gesetze sei: in ihm hänge, wie die Türe in der Angel, das
ganze Gesetz und die Propheten. Danach hat Luther diesen Spruch
in feinem Katechismus der Erklärung jedes einzelnen der Zehn Gebote
zugrunde gelegt und dadurch ist er auch uns von Jugend aus geläufig.
Aber gerade deshalb müssen wir uns hüten, den Gefühlswert, den er
im Laufe einer mehr als zwei Jahrtausende laugen Geschichte erhalten
hat, schon auf die Ursprünge dieses Spruches zu übertragen. Im
Christentum ist die „Liebe zu Gott" der,Grundbegriff, durch ben die
religiöse Weltbetrachtung sich von einer unreligiösen unterscheidet. Hinter
dem ganzen Getriebe des Weltlaufs den verborgenen Vater sehen, im
Hinblick auf ihn sein Leben führen, alles Tun und Lassen durch diese
Idee vom allmächtigen Gott bestimmt werden lassen, die ganze Welt-
entwickelung und das eigene Leben somit ans den Gesichtspunkten einer
überweltlichen Macht betrachten: das heißt im Christentum Liebe zu
Gott oder Glauben an Gott. Als Gegensatz dazu gilt das blinde Hin
dämmern in den Eindrücken des Alltags, die Unfähigkeit, hinter allen
Einzelheiten des Weltgewirrs die zusammenfassende Macht zu sehen,
also die Leugnung jeder Art von überweltlicher Macht.