Full text: Die Propheten (6)

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Kanaan. Jene Heilige Stätte bei Jerusalem, die das Kindopfer bis fast 
zum Ende des judäischen Staates geübt hat, war dem Melech gewidmet. 
Auch dieser Gottesname also bezeichnet mehr als eine einzelne lokale 
Gottheit, er ist, wie Baal (Herr), eine Gesamtbezeichnung für den 
kanaanäischen Gott überhaupt. 
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird man auch das hebräische Wort 
Elohim (Gott) hieherziehen dürfen. Es ist, wie wir wissen, bei den 
Israeliten die allgemeine Bezeichnung für Gott oder Gottheit gewesen 
und somit abwechselnd neben Jahwe gebraucht worden. Sprachlich aber 
ist es eine Bildung der Mehrzahl und heißt eigentlich „Götter". Nun 
ist es unmöglich anzunehmen, daß jemals von sich aus die Israeliten 
dazu gekommen sein sollten, ihren Gott Jahwe mit dem Worte „Götter" 
zu bezeichnen. Vielmehr spricht alles dafür, daß schon die Kanaanäer 
dieses Wort gebraucht haben, um damit die verschiedene!: Els ihres 
Landes zu einer Einheit zusammenzufassen. Ursprünglich hat man 
dabei wohl deutlich empfunden, daß Elohim eine Mehrzahl sei; später 
hat sich das Gefühl dafür abgestmnpst, und Elohim ist, wie Baal, der 
zusammenfassende Name des Gdttes von Kanaan geworden. 
Eine Station auf diesem Wege bezeichnet vielleicht die merkwürdige 
Vorstellung vom Götterpalast, dem Beth Elohim, der über Bethel im 
Himmel liege, und von dein^die Himmelsleiter herabführe, deren Fuß 
gerade auf dem Heiligen Stein von Bethel die Erde berühre. Der 
Götterpälast an sich stammt, wie wir wissen, aus der babylonischen 
Religion: aber die Vorstellung ist hier verwendet, um die verschiedenen 
Lokalgötter von Kanaan zunächst wenigstens zu einer räumlichen Einheit 
zu verbinden. An dieser stelle niag man zuerst das Wort Elohim als 
Sammelname für die Lokalgöttcr gebraucht haben. Möglich, daß 
dann gerade hier in Bethel die Gleichsetzung von Elohim und El 
Schaddaj oder Baal erfolgte, die die einwandernden Israeliten schon 
vorgefunden haben müssen, und die sie dann übernahmen. 
NB. Die Grundlage für das in diesem Abschnitt kurz Zusammengefaßte 
bildet die Zergliederung der Vätergeschichten, aus der insonderheit fol 
gende Abschnitte in Betracht kommen: Die Götter von Hebron; Der Gott 
Jzchak; Isaak und Jsmael; Die Götter Jakob und Esau; Die Himmelsleiter. 
Jahwe neben den Göttern von Kanaan. 
AIs die Israeliten nach Kanaan kamen, haben sie, wie ihre spätere 
Geschichte beweist, ihren Stammgott Jahwe durchaus im Gedächtnis 
behalten und haben sogar zunächst noch gewußt, daß Jahwes Heimat 
und regelrechter Wohnsitz der Sinai sei. Aber sie. müssen schon früh 
zeitig gelernt haben, neben Jahwe auch den Göttern des Landes ihre 
Ehrerbietung zu bezeugen. Freilich haben wir für diesen Abschnitt der 
israelitischen Religionsgeschichte noch kein direktes Zeugnis; das älteste 
Denkmal der israelitischen Literatur stainmt vielmehr erst aus der 
nüchstjüngeren Periode, etwa aus den Jahren 1120 bis 1100 vor 
Christus: Aber es liegen Gründe vor, die einen solchen Zustand des 
friedlichen Nebeneinander von Jahwe-Kultns und Verehrung der Götter 
des Landes genügend erweisen. 
Zunächst ist da auf das zu verweisen, was die Zergliederung der 
Väter-Geschichten uns früher gelehrt hat. Alle altisraelitischen 
Heiligtümer gehen auf kanaanäischen Ursprung zurück. Die Gottes 
namen, die Kultusformen, ja auch die Legenden über die Entstehung
	        
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