Full text: Die Propheten (6)

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oder besser Entdeckung der einzelnen Heiligtümer, und die Namen der 
Helden selbst, die sie entdeckt baden sollen, stammen aus vorisraelitischer 
Zeit. Und doch haben die Israeliten sie noch Jahrhunderte später- 
ziemlich unverändert weitergeführt. Das ist nur möglich, wenn sie mit 
Bewußtsein und Absicht der kanaanäischen Kultussitte gefolgt sind. Sie 
müssen tatsächlich in den ersten Jahrhunderten ihres Aufenthaltes im 
Lande die Absicht gehabt haben, die Götter der neuen Heimat und die 
verschiedenen Heiligen Stätten ebenso zu verehren, wie sie-sahen, daß 
die kanaanäischen Bauern es taten. 
Was wir aus den Patriarchengeschichten nur durch Rückschluß ver 
muten konnten, hat ein späterer Schriftsteller, der Prophet Hosen, um 
760 vor Christus mit dürren Worten gesagt. Er beurteilte den ganzen 
israelitischen Kultus als Abfall von Jahwe, weil nicht Jahwes, sondern 
der Baale Name bei Dankgebet und Opferspende genannt werde. Der 
Vorwurf wäre sinnlos, wenn nicht tatsächlich noch zu seiner Zeit an allen 
Heiligtüinern die altkanaanäische Kultusformel in Uebung gewesen 
wäre. Natürlich hatte man in: achten Jahrhundert längst die alten 
Götter vergessen und hatte unter jenen El Eljon oder El Schaddaj oder 
Pachad Jzchak oder El Jakob usw. schon lange Jahwe verstanden. Aber 
daß der Kultus in seinen Formeln, in seiner Liturgie, die alten Götter 
namen weitertrug, beweist, daß cs ursprünglich eine Zeit gab, in der 
man mit Bewußtsein diese Götter verehren wollte. 
Und tatsächlich kann es ja gar nicht anders gewesen sein! ' Der 
Gedanke, daß Jahwe der einzige Gott im Himmel und aus der Erde 
sei, lag weit jenseits des Horizontes eines einfachen Wüstenstammes. 
Praktisch war bisher Jahwe der einzige-Gott der Israeliten gewesen, 
weil er der Schulzgeist des Stammes war, und weil im einfachen Leben 
des Hirtenvolkes für weitere Gottheiten noch kein Bediirfnis war. 
Theoretisch aber haben natürlich auch diese Israeliten immer gewußt, 
daß es an anderen Stellen der Erde andere Götter und andere Heilige 
Stätten gab. Als sie nun selbst aus der alten Heimat fort in neue 
Wohnsitze zögen, muß es ihnen selbstverständlich gewesen sein, daß sie 
neben dem alten Stammgott auch die schützenden Götter dieses neuen 
Landes verehre!! mußten. Zu einer Ablehnung dieser Götter lag nicht 
der geringste Grund vor. Sie kamen als Söldner und Bundesgenossen 
der Kanaanäer: warum sollten sie die Götter der Kanaanäer als ihre 
Feinde betrachten? 
Diese verhältnismäßig freundschaftliche Stellung zu den Kanaanäer» 
hat bei den Israeliten wahrscheinlich his hinter 1230 gedauert. Auch 
in den Schlachten dieses Jahres standen sie auf seiten der Kanaanäer 
gegen die erobernden Aegypter. Die 160 bis 200 Jahre, in denen Jahwe 
und die Götter des Landes gleichmäßig und friedlich nebeneinander 
verehrt wurden, haben bewirkt, daß auch nach dein Bruch mit den 
Kanaanäer» die nun schon durch fünf Generationen befestigte Ge 
wohnheit des Kultus auch in die neue Periode der israelitischen Ge 
schichte fast unverändert übernommen wurde. 
Ja, man darf vielleicht sagen, daß in diesen ersten fünf Generationen 
Israels, die aus dein Boden Kanaans lebten, die Jahwe-Verehrnng 
gegenüber dein Dienst für die Götter des Landes notwendig zurück 
treten mußte. Sie waren die „nahen" Götter, deren Heilige Stätte man 
täglich vor Augen hatte. Jahwe ioar der „ferne" Gott, der mehr in 
Gedanken und Sitten, als in körperlichen Dingen erlebt wurde. 
Es ist eine auffällige Tatsache, daß wir in der nächsten Periode 
der israelitischen Geschichte - der ältesten, die wir aus eigenen Zeug
	        
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