Full text: Die Propheten (6)

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Oder dir drei Helden, die sich durch dir Philister durchschlugen, Wasser- 
aus einem Brunnen irr Bethlehem holten und es durch alle Feinde hin 
durch nnverschiittet zu David brachten. (2. Samuclis 23.) Solche und 
ähnliche Taten sind natürlich einstmals im Liede gefeiert worden; es 
werden Lieder gewesen sein, die im Kreise dieser verwegenen Schar 
selber entstanden sind. Sie alle reden von Jahwes Segen und Beistand. 
Aber der Segen wirkt nicht mehr direkt, sondern mittelbar durch natür 
liche und rein menschliche Eigenschaften der Helden. Jahwe „schafft 
Sieg"; aber er kämpft nicht mehr selber mit wie in älteren Zeiten. 
Natürlich hat man neben diesen neumodischen Liedern auch die 
altertümlichen Jahwe-Hymnen weiter gesungen: sonst könnten wir nichts 
von ihnen wissen. Ja, inan hat sie sogar gesammelt und in Bücher zu 
sammengeschrieben. Wir wissen Don einem „Buch des Wackeren" und 
von einem „Buch der Schlachten Jahwes", die in den späteren Geschichts 
büchern zitiert werden, sie müssen etwa in dem Jahrhundert nach 
David entstanden sein und haben eben jene alten Jahwe-Kriegslieder 
enthalten. Aber gerade daß man sie sammelte und niederschrieb, beweist, 
daß sie im ivirklichen Leben erstorben waren. Man war literarisch ge 
worden und sammelte die alten Lieder aus literarischem Interesse. Das 
zeigt, wie weit man selbst schon über die Stufe des geistigen Lebens 
hinaus war, die sich in diesen Liedern ausgeprägt hatte. 
Man hätte wohl kaum ein Interesse an diesen Sammlungen gehabt, 
ivenn nicht längst auch die Geschichtschreibung im eigentlichen Sinne 
des Wortes aufgeblüht wäre. Es ist eine der merkwürdigsten Tatsachen 
der israelitischen Literaturgeschichte, daß alle gute unb echte, das heißt 
natürliche Geschichtschreibung relativ alt ist, während gerade die 
jüngeren Ueberarbeitungen sich in Phantastik, Wundern- und übernatür 
lichen Kräften nicht genug tun können. Stücke wie die über die Re 
gierung des Abimelech (Richter 9) oder über Abjaloms Aufstand gegen 
David (2. Samuelis 15—19) oder über Davids Tod unb Salomos 
Thronbesteigung (1. Könige 1—2) zählt ein Kenner wie Eduard Meyer 
zu den besten Abschnitten orientalischer Geschichtschreibung überhaupt 
und stellt sie unbedenklich den besten Schriftstellern der Griechen 
zur Seite. Gerade diese natürlichen und gut unterrichteten Dar 
stellungen aber können nicht weit von der Zeit abstehen, über die sie 
handeln. Spätestens im Zeitalter Salomos, wenn nicht zum Teil 
schon erheblich früher, müssen sie niedergeschrieben sein. Sie zeigen am 
besten, welche Höhe rein natürlichen, der Wirklichkeit und den echten 
Charakteren wirklicher Menschen zugewandten Denkens man damals 
schon Erklommen hatte. 
Freilich wird man annehuieu dürfen, daß -diese Geschichtsliteratur 
nur ein Erzeugnis kleiner und hochgebildeter Kreise war. Dir große 
Masse hat die alte phantastisch-übernatürliche Betrachtung des Welt- 
verlaufs natürlich nicht so rasch und überhaupt wohl nie völlig ver 
loren. Aber auch sie hat sehr rasch und gründlich die eigentlich mythischen 
Bestandteile der Gottesvorstellung verloren. 
Wir wissen von früher her, daß in den ersten Jahrhunderten der 
israelitischen Niederlassung in Kanaan babylonische Mythen in Israel 
eingedrungen sind, und daß man insonderheit den großen Drachenkamps 
des Marduk auch von Jahwe erzählt hat. Wir haben in der israeli 
tischen und jüdischen Dichtung noch eine Fülle von Anspielungen oder 
Zitaten aus einem mächtigen Hyninus, der Jahwes Sieg über das 
Urmeer besang. Aber dort, wo diese Geschichte recht eigentlich hätte 
erzählt werden müssen, in der Schöpfungsgeschichte selbst, ist sie bis zur
	        
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