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und nicht mehr ist er es, der den Israeliten Häuser, Brunnen
und Weinberge geschenkt hat. Er ist dem Ackerbau feind, und es ist für
seine Anhänger ein soziales Programm, daß sie die alte Lebensweise
der Wüste gegenüber dem Bauerntum wiederherstellen.
Es liegt in dem Programm des Jonadab im Grunde bereits ein
Kampf gegen den ganzen Jahwe-Glauben, wie er sich seit etwa drei
Jahrhunderten in Israel herausgebildet hatte. Aber er scheint diese
äußerste Konsequenz seiner Grundsätze noch nicht gezogen zu haben. Wohl
hat er, wie die Jehu-Geschichte zeigt, als Eiferer für Jahwe gegen den
Baal von Tyrus gegolten. Aber offenbar hat er noch nicht die Altäre,
Opfer und Feste für Jahwe verworfen, wie man sie im damaligen Israel
hochhielt. Immerhin, seine Gedanken sind bereits auf dem Wege zu
dieseni Ziel; wir ahnen schon hier, daß ihre Konsequenz zur vollen Ver
werfung der bestehenden Gottesverehrung gelangen mußte.
Wohl aber ist auch diese Bewegung des Jonadab wieder ein Bei
spiel für den Individualismus, der sich auch der unteren Klassen be
inächtigt hatte. Er kennt Fromme und Abtrünnige int selben Volk. Er
sammelt eine Gemeinde von solchen, die Jahwe auf die richtige Art
dienen wollen. Er bildet eine religiöse Gemeinschaft, zu der man nicht
selbstverständlich durch die Geburt gehört. Man muß in sie eintreten
mit bewußtem Entschluß. Jahwe ist nicht mehr instinktiv der Gott jedes
Israeliten. Innerhalb der Israeliten gibt es eine besondere Gemeinde
von solchen, die seinen Willen erst wirklich tun. Es bahnt sich die Vor
stellung an, daß Jahwe-Verehrer und Israeliten nicht mehr derselbe
Menschenkreis sind. Jahwe könnte sich von Israel lossagen und doch
seine Gemeinde behalten. Auch diese Konsequenz ist noch nicht völlig
gezogen; aber auch zu ihr ist der Weg schon beschritten.
Daß diese Propaganda des Jonadab gerade jetzt entstand und gerade
jetzt Anhänger fand, kann nur in den sozialen Zuständen selbst ihren
Grund haben. Die Zermürbung des Kleinbauerntums muß in den
letzten Jahrzehnten mit Riesenschritten weitergegangen sein. Was in der
Paradies-Geschichte erst leise anklang, ist nun zur vollen, beherrschenden
Grundanschauung geworden: die Banernkultur war ein Abfall Volt
Jahwe; darum konnte sie nicht zum Heil gedeihen. Zurück zunt fried
lichen Leben des schweifenden Hirten. Wer keinen Acker besitzt, dem
kann er auch nicht gepfändet werden. Wer den Wein verschmäht, braucht
um seinen Mangel auch nicht zu sorgen. Die Wiederherstellung des
alten vorbäuerlichen Zustandes ist das Programm der Schichten, die
durch den Fortgang der bäuerlichen Kultur auf die Schattenfeite des
Lebens gedrängt waren.
Daß aber itt einem Bauernvolk diese neue itnd doch uralte Parole
wieder aufleben konnte, dazu hat offenbar das Vorbild die Anregung
gegebeit, das an fast allen Grenzen Israels seine Nachbarn ihm gaben.
Jonadab, der Sohn des Rekab, gehörte zu jenen: Stamm Kain, der, wie
mir früher sahen, erst von Saul zum seßhaften Leben gezwungen ward.
Das Leben der schweifenden Hirten ist in diesem Stamm wohl niemals
völlig erloschen (Richter 4), jedenfalls hatten sie, als unmittelbare Nach
barn: der Wüste, das Vorbild ihres eigenen früheren Lebens beständig
vor Augen.
Auch sonst ist das Hirtenlebelt streckenweise das vorherrschende Leben
der Jridäer gewesen. Manche Gegenden des damaligen Juda, die Wüste
und die Gebirgsabhänge nach Osten und Westen, können noch heute nicht
anders wie als Weideplätze für Schafe und Ziegen genutzt werden. Man
braucht auch mtt einige judäische einigen altisraelitifchen Sagen gegeit-