Full text: Die Propheten (6)

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und nicht mehr ist er es, der den Israeliten Häuser, Brunnen 
und Weinberge geschenkt hat. Er ist dem Ackerbau feind, und es ist für 
seine Anhänger ein soziales Programm, daß sie die alte Lebensweise 
der Wüste gegenüber dem Bauerntum wiederherstellen. 
Es liegt in dem Programm des Jonadab im Grunde bereits ein 
Kampf gegen den ganzen Jahwe-Glauben, wie er sich seit etwa drei 
Jahrhunderten in Israel herausgebildet hatte. Aber er scheint diese 
äußerste Konsequenz seiner Grundsätze noch nicht gezogen zu haben. Wohl 
hat er, wie die Jehu-Geschichte zeigt, als Eiferer für Jahwe gegen den 
Baal von Tyrus gegolten. Aber offenbar hat er noch nicht die Altäre, 
Opfer und Feste für Jahwe verworfen, wie man sie im damaligen Israel 
hochhielt. Immerhin, seine Gedanken sind bereits auf dem Wege zu 
dieseni Ziel; wir ahnen schon hier, daß ihre Konsequenz zur vollen Ver 
werfung der bestehenden Gottesverehrung gelangen mußte. 
Wohl aber ist auch diese Bewegung des Jonadab wieder ein Bei 
spiel für den Individualismus, der sich auch der unteren Klassen be 
inächtigt hatte. Er kennt Fromme und Abtrünnige int selben Volk. Er 
sammelt eine Gemeinde von solchen, die Jahwe auf die richtige Art 
dienen wollen. Er bildet eine religiöse Gemeinschaft, zu der man nicht 
selbstverständlich durch die Geburt gehört. Man muß in sie eintreten 
mit bewußtem Entschluß. Jahwe ist nicht mehr instinktiv der Gott jedes 
Israeliten. Innerhalb der Israeliten gibt es eine besondere Gemeinde 
von solchen, die seinen Willen erst wirklich tun. Es bahnt sich die Vor 
stellung an, daß Jahwe-Verehrer und Israeliten nicht mehr derselbe 
Menschenkreis sind. Jahwe könnte sich von Israel lossagen und doch 
seine Gemeinde behalten. Auch diese Konsequenz ist noch nicht völlig 
gezogen; aber auch zu ihr ist der Weg schon beschritten. 
Daß diese Propaganda des Jonadab gerade jetzt entstand und gerade 
jetzt Anhänger fand, kann nur in den sozialen Zuständen selbst ihren 
Grund haben. Die Zermürbung des Kleinbauerntums muß in den 
letzten Jahrzehnten mit Riesenschritten weitergegangen sein. Was in der 
Paradies-Geschichte erst leise anklang, ist nun zur vollen, beherrschenden 
Grundanschauung geworden: die Banernkultur war ein Abfall Volt 
Jahwe; darum konnte sie nicht zum Heil gedeihen. Zurück zunt fried 
lichen Leben des schweifenden Hirten. Wer keinen Acker besitzt, dem 
kann er auch nicht gepfändet werden. Wer den Wein verschmäht, braucht 
um seinen Mangel auch nicht zu sorgen. Die Wiederherstellung des 
alten vorbäuerlichen Zustandes ist das Programm der Schichten, die 
durch den Fortgang der bäuerlichen Kultur auf die Schattenfeite des 
Lebens gedrängt waren. 
Daß aber itt einem Bauernvolk diese neue itnd doch uralte Parole 
wieder aufleben konnte, dazu hat offenbar das Vorbild die Anregung 
gegebeit, das an fast allen Grenzen Israels seine Nachbarn ihm gaben. 
Jonadab, der Sohn des Rekab, gehörte zu jenen: Stamm Kain, der, wie 
mir früher sahen, erst von Saul zum seßhaften Leben gezwungen ward. 
Das Leben der schweifenden Hirten ist in diesem Stamm wohl niemals 
völlig erloschen (Richter 4), jedenfalls hatten sie, als unmittelbare Nach 
barn: der Wüste, das Vorbild ihres eigenen früheren Lebens beständig 
vor Augen. 
Auch sonst ist das Hirtenlebelt streckenweise das vorherrschende Leben 
der Jridäer gewesen. Manche Gegenden des damaligen Juda, die Wüste 
und die Gebirgsabhänge nach Osten und Westen, können noch heute nicht 
anders wie als Weideplätze für Schafe und Ziegen genutzt werden. Man 
braucht auch mtt einige judäische einigen altisraelitifchen Sagen gegeit-
	        
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