Christus). Nur Jerusalem selbst hielt sich noch auf seinen Bergen: und
auch seine Tage schienen gezählt. Da sprang Jesaja auf und stärkte
die verzagenden Kämpfer mit mächtig tröstendem Lied. Wohl soll
Jerusalem schließlich untergehen — das Dogma muß doch gewahrt
bleiben —, aber es soll durch das Schwert eines Nicht-Menschen fallen.
(31, 4—8.) Auch Assur taugt nicht als Zuchtrute Gottes. Wenn Jahwe
alles Hohe und Stolze und Selbst-seiner-Kraft-Bewußte verabscheut,
muß er auch Assur verabscheuen, das Volk, das von Jahwe nichts weiß
und alle seine Erfolge sich selbst zu verdanken meint. Es hat die Nester
ausgenommen und die Eier geraubt; kein Flügelschlag und kein Zirpen
hat gegen seine Gewalttat geholfen. (10, 13—14.) Jetzt hat es Jahwe
.zu seinem heiligen Berg kommen lassen, um es hier zu zerschmettern.
(14, 24—27.) Jahwe — nicht Israel und auch nicht Aegypten! Die
Hoffnung auf ägyptische Entsatztruppen wird nach wie vor als Abfall
von Jahwe gescholten. Jahwe selbst wird kämpfen, die Rettung wird
in einer Nacht geschehen: des Abends schrecken sie noch, und des
Morgens sind sie nicht mehr da: von Jahwes Schelten sind sie zer
schmettert! (27, 12—14.)
Auch diese Weissagung des Jesaja ist nicht in Erfüllung gegangen,
konnte gar nicht erfüllt werden, weil sie nur aus phantastischen Illu
sionen bestand. Aber tatsächlich gelang es dem König, durch Unter
werfung ruid hohen Tribut den Abzug der Assyrer zu erreichen, ohne daß
sie die Stadt betreten hatten; und diese Tatsache genügte, im Kreise
der Jesaja-Jünger ben Glauben entstehen zu lassen, Jahwe habe doch
das Wort erfüllt, das er durch seinen Propheten geredet hatte. Jahwe
wohnt aus dem Zion; Jahwe hat nicht gewollt, daß sein eigener heiliger
Berg durch die frevelnden Heiden betreten werde. Jahwe hat sich als
stärker erwiesen als alle Heiden. Es ist erwiesen, daß der Zion die
heiligste Stelle, Mittelpunkt und Nabel der Erde ist. So haben.von
jetzt an nicht nur die judäischen Patrioten, sondern auch die „Frommen"
gesagt. Die „Gemeinde" war von nun an nicht weniger lokalpatriotisch
als das Volk.
Es gibt unter den Liedern Jesajas einige, die diesen neuen Zion-
Glauben mit dein schon von Hosea entworfenen Zukunftsbilde der voll
ständig umgewandelten Natur verbinden. Ob sie von dem greisen
Dichter selber stammen oder erst in den nächsten Jahrzehnten in seiner
Gemeinde entstanden find, ist nicht mehr auszumachen. Jedenfalls sind
sie in dieser Gemeinde gepflegt worden und geben ihre Anschauungen
wieder.
Da heißt es unter anderem: „Geschehen ivird's in den künftigen
Tagen: Festgegründet wird sein der Berg Jahwes, und das Haus
unseres Gottes auf dem Haupte der Berge, und er überragt alle Hügel.
Und strömen werden zu ihm die Völker, und werden Lehre und Wei
sung für ihr eigenes Leben suchen; denn vom Zion wird ausgehn die
Lehre und Jahwes Wort von Jerusalem. Und Jähwe. wird zwischen
den Völkern Schiedsrichter sein, und sie werden umschmieden die
Schwerter zu Pflugeisen und ihre Lanzenspitzen zu Winzermessern."
Krieg und Gewalttat wird nicht mehr sein. (2, 2—4.) Es verbindet
sich an anderer Stelle mit diesem Zukunftsbild der Gedanke von den:
Davidischen König, der in der seligen Endzeit herrschen wird: Gerechtig
keit und Treue wird fein Regiment sein „und lagern wird der Wolf
beim Lamm, und der Panther beim Bäckchen kuschen, und Kalb und
.Löwe essen zusammen, und ein kleines Kind kann sie hüten". (11, 7—8).
Das Bild vom ewigen Frieden, der Zukunft ist zum beherrschenden Ge-