Öl
gefeiert. Zauberei, Totenbeschwörnng, Wahrsageknnst und ähnlicher
iLpnk nahm überhand. Und in den herrschenden Klassen der Hauptstadt
wandte man sich immer mehr der Verehrung der großen Götter des
assyrischen Weltreichs zu. Ter König Manasse führt offiziell den Kultus
der babylonischen Jsthar ein, der Himmelskönigin, wie sie nach
assyrischem Vorbild im Alten Testament genannt wird, „@r verehrte
das ganze Heer des Himmels und diente ihnen." Auch der Sonne hat
er Altäre errichtet und Sonnen-Pferde in den Tempel gestellt. „Auch
vergoß er viel unschuldiges Blut, bis er Jerusalem bis oben Damit
angefüllt hatte." (2. Könige 21.) M scheint, daß er mit Gewalt ver
sucht hat, das Volk von Jahwe weg zu den assyrischen Göttern git führen.
So verständlich eine solche Wendung in den obern: Klassen auch
ist, so wenig konnte sie im Interesse der königlichen Priester gelegen
sein, die den Jahwe-Tempel zu verwalten hatten. Ihnen mußte das
ganze Gebaren sowohl in den unteren wie in beu oberen Kreisen
als Greuel vor Jahwe erscheinen, als Entweihung des Heiligen Bodens
und zugleich als Vernichtung ihres eigenen Einflusses und ihres Er
lverbs. Religiöse und materielle Gründe zugleich mußten sie dazu
bringen, den Versuch zu wagen, nach oben wie unten den Jahwe-Kültns
und den Jahwe-Tempel erneut zur Geltung zu bringen.
Welcher Art dieser Versuch war, lvie er ihnen gelang, und lvie
sie mit einem Schlage alle uralten Heiligtümer im Lande und alle neu-
eingesührten frembeit Götter zerstört haben, darüber haben wir früher
gesprochen. Die große Kultusresorm des Jahres 623 vor Christus ist
das erste große Ereignis, von dem wir hinter dein Jähre 701 wieder
hören. Es ist der große Moment, in. dem die lewitisch-proletarische
Bewegung nach jahrhundertelangem Kampfe nun endlich zuni Siege
kommt, aber zum Siege kommt nur dadurch, daß sie ihr echtes Wesen
verliert und zum Werkzeug für die Herrschaft der königlichen Priester
am Tempel ans dem Zion wird.
Wir erinnern uns, lvie alle Züge der großen Bewegung im Tempel
gesetz von 623 vereinigt fiub, aber alle in charakteristisch verzerrter
Gestalt. Die Ablehnung der bäuerlichen Kultur erscheint in der Form,
daß Israel seit der Niederlassung Jahwe verraten und sich all die
Banerngötter des Landes verloren habe. Das ist der Hosea-Gedanke,
und er begegnet auch fast in den Worteir dieses Propheten. Tie soziale
Sympathie mit den unteren Klassen tritt stark hervor. Aber sie ist rein
phantastisch und äußert sich in Gesetzen, die absolut undurchführbar sind
(Ruhe der Steifer im siebenten Jahr! Erlaßjahr! Rückgabe des Pfan
des am Abend!). Zudem spannt sie Den proletarischen Instinkt in
den Gedanken, daß alles soziale Elend nur Folge des Abfalls von
Jahwe, das heißt, eine Wirkung des falschen Kultus sei. Auch das
kennen wir schon ans beut Elohisten und ans Hosea. Aber so leiden
schaftlich, so aufreizend, so auch in der Form demagogisch wie hier, ward
der Gedanke bisher doch noch nirgend vertreten.
Vielleicht hatten die Priester aus ernsthaften Widerstand der herr
schenden Klassen oder der Bauern gerechnet. Sie hatten durch jene
lltopistereien die Proletarier der Städte ans ihre Seite zu bringen ver
sucht, und hatten auch den Lewiten den Köder hingeworfen. Laß sie
zum Zion kommen und dort Priester sein dürsten. Aber der Sieg ward
ihnen leicht. Durch die geschickte Art, wie sie das „Gesetzbuch des Mose"
bei einer baulichen Reparatur im Tempel „gesunden" werden ließen,
haben sie den König und seine Minister ganz überrumpelt. Sie er
hielten die ungeteilte Macht und brauchten die Bundesgenossen nicht