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von Ergebung sprach. Schließlich bändigten sie der Hunger und die
Sturmmaschiuen der Feinde, die die Mauer in Trümmer legte». Die
Stadt ward zerstört, Tempel und Königsburg niedergebrannt, die
königlichen Prinzen inr Angesicht ihres Vaters hingerichtet, der König
Zedetia selbst geblendet nach Babylonien abgeführt und mit ihm der
Rest der Tempelgeräte und der Bevölkerung: die Uebcrläufer und die,
die noch in der Stadt gelebt hatten. Zurück blieb nur der ärmste Teil:
„Die geringen Leute vom Lande, die gar irichts besaßen." Und für
sie kam wirklich in dem allgemeinen Zusammenbruch bessere Zeit: sie
erhielten Weinberge und Felder. Außerdem war ein Teil der Truppen
rechtzeitig geflohen und blieb nun auch im Laude zurück. Ueber diesen
ganzen Rest der Bevölkerung^setzten die Babylonier den Gedalja, der in
der Provinzstadt Mizpa als Statthalter, nicht mehr als König, residierte.
Und nochmals flackerte die Freiheitsliebe auf, wenn auch nur noch
in einem augenblicklichen, rein persönlichen Gewaltakt. Der Stadt
halter Gedalja wurde erschlagen. Aber die Energie der Soldaten war
damit erschöpft. Aus Furcht vor der Rache des babylonischen Königs
und aus Angst, nun ebenfalls nach Babylonien verpflanzt zu werden,
floh die große Masse des Volkes mit Weib und Kind nach Aegypten.
In dem leergewordenen Land setzten sich Edomiter und schweifende
Araber fest. Nur die Hauptstadt blieb wüste, als sei sie dem Fluche
verfallen.
In der Schar derer, die nach Aegypten zogen, war es nunmehr
doch uiit dem Glauben au Jahwe zu Ende. Himinclhoch-jauchzeud, wie
man durch die Kultusreform und die Priesterführuug noch einmal ge
worden, hatte man die Enttäuschung um so stärker zu fühlen. Jahwe
war taub, stumm und tot! In wahnsinnigem Eifer hatte mau sich für
ihn immer wieder begeistert, nun saß >nan im Elend, und er konnte
nicht helfen. Da kehrte man zu den eben verlassenen Göttern zurück.
„Was immer du int Namen Jahwes redest, wir hören gar nicht auf
dich. Sondern ausführen wolleit wir das Gelübde, das unserm Munde
entfuhr: der Himmelskönigin Opfer zu verbrennen und Trankfpendeu
zu gießen, wie wir früher getan haben, wir und unsere. Väter. Dabei
hatten wir satt Brot, waren wohlauf und kannten kein Unheil. Aber
seitdem wir aufgehört haben, der Himinelskönigin Opfer zu verbrennen,
haben wir Mangel au allem gelitten und sind durch Schwert und Hunger
umgekommen." (Jeremia 44, 16—18.) Das sind die letzten Worte, die
wir nach Augenzeugenbericht von diese:: Judäern in Aegypten erfahren:
danach sind sie verschollen. Es war die Logik, die sie von den Priestern
gelernt hatten, und in der sie sich nun als gelehrige Schüler erwiesen.
Jeremia.
In diesem Menschenalter der Raserei und der Vernichtuitg hat der
letzte der großen Propheten gewirkt, deren Lieder und Wirken wir
kennen, neben Arnos der größte, wenn man nicht ans die Eigenart und
Neuheit der Gedanken, sondern auf die Lauterkeit der Gesinnung mrd
die Treue des Denkens sieht. Er ist auch der einzige, von dem wir
überhaupt etwas mehr über sein Leber: und seine Schicksale wissen.
Jeremia hat in feinern Freund Baruch einen bescheidenen, aber ehr
lichen Biographei: aeninden, von dessen Buch im heutigen Buch Jeremia
iveuigstens einzelne Abschnitte erhalten sind.
Jeremia hat vor: 626 bis mindestens 586 gewirkt, also nrehr als
vierzig Jahre. Und immer hat er in dieser Zeit gegen die Mehrheit