Full text: Von der Amöbe zum Menschen

alle diese Tiere sind ja auch gründlich verschieden. Diese bei 
jeder Tiergruppe offenbar bis ins tiefste gehende Besonderheit 
des Blutes bedingt nun, daß inan lebendes Blut eines Tieres 
nicht ungestraft in das Blutsystem eines davon verschiedenen 
anderen überführen kann. Es ist in solchem Falle, als 
befehdeten sich die beiden Blntarten. Die Blutflüssigkeit der 
einen vernichtet die Blutkörperchen der andern. Das Tier, 
dessen Blut so mit fremdem künstlich durchsetzt wird, empfindet 
alsbald die verhängnisvollen Wirkungen dieses Kampfes in 
seinen Adern: es verfällt in Krämpfe und bricht endlich ganz 
zusammen, wie eine Stadt abbrennt, in deren Straßen ein 
wütender Bürgerzwist ausgebrochen ist. Und das geht noch 
bei Tieren so, die im allgemeinen sich immerhin recht nahe 
stehen, z. B. bei Säugetieren untereinander. Das Blut 
einer Katze tötet, eingespritzt, ein Kaninchen und umgekehrt. 
Zuletzt aber konunt hier dach eine Grenze. Katze und Katze 
tötet sich natürlich nicht. Aber schon etwas vorher ist der 
Frieden garantiert. Ganz eng verwandte Tiere vertragen sich 
auch im Spiel ihres Blutes. Der Hund zeigt sich dem 
Wolfe so blutsverwandt, daß lebendes Blut des einen ohne 
jede Gefahr sich mit dem des andern mischen kann/ Ebenso 
ist es bei Pferd rmd Esel. Da mischte nun vor kurzem ein 
Forscher, Friedental in Berlin, Menschenblnt mit Affenblnt. 
Blut erwies sich zunächst zu Blut als Gift, — solange 
nämlich Mensch und niederer Affe zum Versuche dienten. 
Erst als Menschenblnt zu Schimpansenblut kam, trat plötzlich 
Frieden ein. Die Grenze der Gegnerschaft war überschritten! 
Menfchenblut und Menschenaffenblut waren sich so vertrant, 
daß sie sich ohne weiteres vertrugen. Woher das?. Hier 
stand nicht blos Knochen neben Knochen. Eine Antwort 
kam mitten aus dem „Lebendigen". Das geheime Leben, 
die feinste Chemie des Blutes zeugte schlicht für eine intimste 
Verwandtschaft — eine Blutsverwandtschaft im verwegensten 
Sinne des Wortes!" 
Ueber einen der interessantesten Menschenaffen, den auf 
den Sundainseln lebenden Gibbon, sagt Bölsche: 
„Zn leugnen ist nicht: der Gibbon hat in der Tat ganz 
besonders merkwürdige, tief deutende Züge. Er scheint uns 
wirklich dem Abstammungsgeheimnis einen Schritt näher 
zu bringen. Er ist kein bestialischer Gorilla, sondern ein 
viel sanfteres, seelisch größeres Geschöpf. Er kann die Ton 
leiter absingen, ein höchst eigenartiger Fall bei einem Säu 
getier, bei dem wir uns notwendig erinnern müssen, daß 
gerade der Mensch doch angefangen hat, Sprache und Gesang
	        
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