Full text: Das Europa-Haus in Berlin

II 
BAUAUSFÜHRUNG 
D ie Bauausführung des Ost Hügels, des Zwi- 
sclienbaues mit dem Hofbräu-Restaurant 
und des Westflügels mit dem großen Cafe 
Europa erfolgte in den Jahren 1925 und 1926 in 
Generalunternehmung durch das Baugeschäft Heil 
mann & Littmann G. m. b. Irl., Berlin, unter Ober 
leitung des Verfassers. Die Bauarbeiten am Hoch 
haus wurden vom Verfasser an einzelne Unter- 
nehmer auf Grund der „Reichsverdingungsordnung 
für Bauleistungen“ vergeben; dieselbe hat sich in 
jeder Weise als praktisch erwiesen. 
Bei Beginn der Bauarbeiten ergab sich ein guter, 
tragfähiger Baugrund aus gewachsenem, feinem 
Sand, der bei der Beton- und Mörtelbereitung mit 
insgesamt 55 000 cbm Verwendung finden konnte. 
Bei den an sechs verschiedenen Stellen des Grund 
stücks vorgenommenen Tiefbohrungen ergab sich, 
abgesehen von ganz dünnen, nur 2 bis 5 cm starken 
Braunkohlenschichten, bester Baugrund, so daß 
keine besonders schwierige Fundation erforderlich 
wurde und beim Hochhausbau eine Belastung des 
Untergrundes von 3,5 kg pro qcm möglich war. Die 
78 Eisenbetonfundamente des Hochhauses erhielten 
trotzdem durchschnittlich eine Größe von 4,00X4,25 
Meter. 
Der Grundwasserstand, der sich durch die Unter 
grundbahnbauten in den letzten Jahrzehnten um 
etwa I m absenkte und sich normal 4,00 m unter 
dem Niveau der Stresemannstraße befindet, ge 
stattete die Ausführung des Tiefgeschosses ohne be 
sondere Dichtungen; nur der Heizkeller sowie ein 
600 qm großes und 5 m hohes Tief geschoßlokal er 
forderte eine dreilagige „Biehnsche Isolierung“ zwi 
schen zwei je 10 cm starken armierten Betonlagen ; 
die betonierten Hochhausfundamente ragen 1V2 in 
in das Grundwasser hinein und sind kreuzweise mit 
Rundeisen armiert. Einzelne Trennungsmauern wur 
den in Kalksandsteinmauerwerk ausgeführt; im 
übrigen besteht der ganze Ostfliigel aus einer Eisen 
konstruktion mit eingewölbten Hohlsteindecken, 
massiven, roten Porphyrpfeilern an der Fassade 
und einem blauschwarzen Basaltsockel. 
Das Hochhaus, bestehend aus Tiefgeschoß, Erd 
geschoß, 10 Obergeschossen und Dachgarten mit 
Lichtreklameaufbau, wurde ganz als Stahlskelett 
bau mit einer in der unteren Hälfte 25 cm, in den 
oberen 6 Geschossen 20 cm starken Fassadenhaut 
aus Bimsbetonhohlblöcken, 60 cm lang und 25 cm 
hoch, hergestellt; jeder von diesen ersetzt 10 Ziegel 
steine. Die Hohlblocksteine erhielten zur beson 
deren Aussteifung in jeder Schicht eine an den 
Stützen verankerte Flacheiseneinlage. Diese Kon 
struktion, welche raumsparend ist, wurde nach ein 
gehender Prüfung aller vorhandenen Baukonstruk 
tionen in technischer und wirtschaftlicher Beziehung 
als die geeignetste befunden, zum ersten Male beim 
„Europa-Haus“ in größtem Maßstabe angewendet, 
und es kann schon heute gesagt werden, daß dieser 
Bauweise wegen ihrer vielen Vorzüge (geringes Ge 
wicht — 600 kg pro cbm —, Stabilität, gute Isolie 
rung, leichte und trockene Verarbeitung, geringer 
Preis, Lohn- und Mörtelersparnis) eine große Zu 
kunft beschieden sein wird. Diese Fassadenhaut 
wiegt nur ein Fünftel der bisher gebräuchlichen 
58 cm starken Ausmauerung und entlastet daher 
das Stahlskelett in nennenswertem Maße. 
Die Treppenhausmauern und verschiedene Innen 
wände, insbesondere die drei durchgehenden Brand 
abschnitte, wurden aus 15 cm starken Aerokret- 
platten, einem mit Aluminiumpulver hergestellten, 
schwammartigen l.uftbeton mit Rundeiseneinlage, 
hergestellt. 
Dieses, pro cbm nur 960 kg wiegende, sehr trag 
fähige Baumaterial wurde von der Berliner Feuer 
polizei trotz der geringen Stärke als absolut feuer 
sicher anerkannt; die hieraus hergestellten, 10 kg 
pro qcm tragenden Wände bedeuten ebenfalls einen 
großen technischen Fortschritt und wirtschaftliche 
Vorteile. 
Eine weitere technische Neuerung ist ferner die 
Verwendung eines Hängegerüstes, der sogenannten 
Torkretrüstung, die in Amerika bereits allgemein 
angewendet wird, statt des bisher üblichen Bau 
ei nrüstens, das eine Unzahl von Lohnstunden und 
viel Rüstholz erfordert. Es wurden nach Fertig 
stellung der Eisenkonstruktion auf der obersten 
Decke etwa 100 eiserne Ausleger verankert, an denen 
mittels Drahtseilen auf- und abfahrbare Eisen 
rahmen. rlie mit Winden bewegt werden, befestigt 
sind. Diese Eisenrahmen, welche mit Holzbohlen 
belegt und seitlich mit einem Eisengeflecht gesichert 
sind, dienten, 50 m in die Höhe fahrend, zur Auf 
mauerung der Fassadenhaut; von oben nach unten 
fahrend wurde dieses Gerüst zur Herstellung des 
Fassadenputzes sowie der Klempner- und Maler 
arbeiten verwendet. 
Der F a s s a d e n p u t z des Hochhauses wurde 
aus bestem Edelputz erstellt, und zwar aus einer 
durch Ceresitzusatz wasserdicht gemachten, gespritz 
ten Unterschicht, auf welcher als Oberputz für die
	        
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