Full text: Das Europa-Haus in Berlin

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Die Behörden waren sich anscheinend nicht bewußt, 
welchen gewaltigen Schaden sie durch ihre Ein 
griffe mit rauher Hand anrichteten. 
Nur weil die von behördlicher Seite fast einem 
jeden großen Bau bereiteten Schwierigkeiten und 
der immer noch größer werdende Bureaukratismus 
geradezu unerträglich sind, die Unternehmungslust 
lähmen und mit Schuld an der großen Zahl unserer 
Arbeitslosen tragen, kann ich es nicht unterlassen, 
an dieser Stelle für eine Vereinfachung der Plan 
genehmigung und für einen Abbau der behördlichen 
Instanzen einzutreten. — Wenn die deutsche Wirt 
schaft in Zukunft nicht auf das schwerste gehemmt 
werden soll, muß sie von den Ketten der Bureau- 
kratie, von dem ganzen Knäuel an Instanzen, deren 
Zahl zumindest zwischen 40 und 50 schwankt, 
befreit werden. 
Der Unternehmer, der die Sorgen und die Verant 
wortung einer großen Bauaufgabe auf sich nimmt, 
sollte nur mit einer amtlichen Stelle — der 
Baupolizei — zu tun haben. Diese müßte verpflichtet 
sein, intern mit anderen amtlichen Stellen, soweit 
dies erforderlich ist, Fühlung zu nehmen und späte 
stens innerhalb 6 bis 8 Wochen eine definitive Ge 
nehmigung herbeiführen, wobei es sehr gut möglich 
wäre, entstehende Schwierigkeiten in gemeinsamen 
Verhandlungen zu klären und aus der Welt zu 
schaffen. Eine solche Erledigung habe ich schon 
1909 in Amerika miterlebt. 
War der Instanzenweg schon in der Vorkriegszeit 
ein sehr umfangreicher', so ist er in den Jahren seit 
Kriegsschluß immer komplizierter und verworrener 
geworden: auch sind die bestehenden Vorschriften 
zum Teil viele Jahrzehnte alt und hinken der tech 
nischen Entwicklung nach. 
So ist aus vielen Paragraphen, aus Wohltat Plage, 
aus Sinn Unsinn geworden. Die Fülle an Energie, 
Arbeitslust und Arbeitskraft, die heute aufgewandt 
werden muß, um mit diesem Wust von Instanzen 
und Paragraphen fertig zu werden, darf, wenn 
Deutschlands Wirtschaft wieder hochkommen soll, 
nicht weiter unproduktiv vergeudet werden. Nie 
mand weiß oft durch lange Monate, ja mitunter 
durch Jahre, woran er eigentlich ist — die eine Be 
hörde erlaubt, die andere versagt. Die Pläne, Ent 
würfe, Gesuche, Schriftsätze laufen hin und her. 
Glaubt man sich dem Ziele nahe, so kommt plötzlich 
noch eine Beanstandung, und die Arbeit von Mona 
ten, ja sogar Jahren, war ganz umsonst, und man 
kann den Verzweiflungskampf wieder von vorne be 
ginnen, falls man es nicht vorzieht, auf die Durch 
führung seiner Ideen zu verzichten, was ja heute 
leider die meisten machen. Für eine Beihe von Bau 
notwendigkeiten, ja Selbstverständlichkeiten, bedarf 
es langwieriger Dispense, und wenn man auch mit 
Massenaufwand von Arbeitskraft und Geld schließ 
lich alles Notwendige erreichen kann, so muß man 
doch fragen, warum Schaffenswille und Verant 
wortungsfreudigkeit, an denen die deutsche Wirt 
schaft zur Zeit wahrlich keinen Überfluß, hat, im 
Leerlauf eines unförmlichen Behördenapparates ab 
genutzt und verbraucht werden müssen, ehe sie 
praktischer produktiver Arbeit zugeführt werden 
können. 
Nicht minder bedauerlich bleibt die Willkür bei 
der ästhetischen Prüfung eingereichter Entwürfe, 
die es dem Architekten verleidet, sein Bestes in die 
selben zu legen, da er ja doch mit Abänderungen 
durch die Behörden bestimmt rechnen muß. 
In das Durcheinander und die Schwerfälligkeit 
des heutigen behördlichen Apparates muß endlich 
Ordnung gebracht werden. Es muß das heutige Ver 
fahren nicht nur vereinfacht, sondern auf den zehn 
ten Teil seines Volumens beschränkt werden. Vor 
urteilslose und zeitgemäße Grundsätze müssen end 
lich bei der baupolizeilichen Handhabung einer 
Plangenehmigung platzgreifen. Wann wird die Re 
form beginnen? Wann werden sich die zuständigen 
höchsten Stellen um einen l isch setzen and nicht 
eher aufstehen, als bis hier positive Arbeit geleistet 
und die Garantie für eine entscheidende Besserung 
gegeben ist? 
Das Schulbeispiel des „Europa-.Hauses“ neben lau 
send ähnlich gelagerten Fällen schreit nach Abhilfe; 
jedenfalls hätte Berlin bei etwas mehr behördlicher 
Einsicht seit dem Herbst 1928 das größte und schön 
ste Plotel des europäischen Kontinents mit großen, 
neuzeitlichen Repräsentations- und Wirtschaftsräu 
men, einem vorbildlichen Grillroom im Tiefgeschoß, 
umfangreichen Gesellschaftsräumen und 1000 mo 
dernen Schlafzimmern mit ebenso vielen Bädern. — 
Nachdem Berlin seit 18 Jahren kein neues großes 
Hotel erhalten hat, ist dies für seine Entwicklung 
von der Großstadt zur Weltstadt und im Interesse 
seines Fremdenverkehrs gewiß zu bedauern; das 
kleinere Chicago bat allein im Jahre 1926 fünf neue 
Hotels mit über 7000 neuen Hotelzimmern ge 
schaffen.
	        
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