Auf Grund der offiziellen Angaben gab es in Deutschland
zum 1. Januar 1931 4 357 000 Erwerbslose. Davon erhielten
Erwerbslosenunterstützung 2 155 000 Arbeiter und Arbeiterinnen;
Krisenfürsorge erhielten £17 000 Arbeiter und Arbeiterinnen, und
um Wohlfahrtsunterstützung mußten sich 1 535 000 Arbeiter und
Arbeiterinnen an die Stadt- bzw. Landgemeinden wenden. Die
Gemeinden bestimmen die Unterstützungshöhe nach ihrem Be
lieben, und zahlreiche Gemeinden machen die Gewährung dieser
Unterstützung von der Leistung einer Pflichtarbeit durch den
Erwerbslosen abhängig. Ueber 700 000 Erwerbslose sind über
haupt schon ausgesteuert und erhalten keinerlei Unterstützung.
Seit dem 1. Juli 1931 hat sich die Lage der Erweroslosen
in Deutschland jedoch beträchtlich verschlechtert. Die vom
Präsidenten der Deutschen Republik erlassene Notverordnung
vorn 5. Juni 1931 kürzt sämtliche Arten der Versicherungs
unterstützungen um 5 Prozent, führt für die Dauer von
1 Vi Jahren eine Krisensteuer ein. die in der Hauptsache den
Arbeitslohn belastet, und beraubt sämtliche Personen bis zum
21. Lebensjahre der grundlegenden Erwerbslosenunterstiitzung,
verschlechtert die Versicherung für die Saisonarbeiter, die ver
heirateten Arbeiterinnen, verlängert die Wartezeit für Unter
stützungsbezug und führt andere Verschlechterungen ein
Wie elend die Erwerbslosenunterstützung sogar vor dem
Erlaß der letzten diktatorischen Notverordnung war, ist daraus
ersichtlich, daß 42 Prozent der Erwerbslosenunterstützungs
empfänger eine solche in Höhe von 6 bis 13,20 Mark wöchentlich
und 39 Prozent in Höhe von 14,65 bis 17 85 Mark wöchentlich
bezogen, während das Existenzminimum nach Berechnungen des
deutschen Statistikers Kutzynski, der von den offiziellen An
gaben über die Kosten der Lebenshaltung ausgeht, in der ersten
Hälfte 1930 wöchentlich 49,65 Mark ausmachte. Seither hat sich
die Lage noch weiter verschlechtert.
italien
Der Lrwerösiuseiiversiclierung unterliegen sämtliche Lohn
arbeiter mit Ausnahme der Angestellten, die über 800 Lire monat
lich beziehen. Nicht berechtigt zur Inanspruchnahme der Er-
werbslosenversicherung sind die Landarbeiter, außer denjen gen,
die Maschinen bedienen (das Gesetz von 1924, das einem Teil
der Landarbeiter die Erwerbslosenversicheruiig gewährt, wurde
nicht durchgeführt), die Arbeiter der staatlichen oder privaten
Unternehmungen mit e.ner garantierten dauernden Beschäftigung,
Heimarbeiter, Hausangestellte, Theater- und Kinoangestellte,
festangestellte Arbeiter staatlicher und öffentlicher Betriebe, Ge
legenheit«- uno Saisonarbeiter, die unter sechs Monaten im Jahre
arbeiten
Die Beiträge zum Versicherungstonds ieisten d.e Versicher
ten und Unternehmer in gleicher Höhe zu je 50 Prozent des Ge
samtbeitrages. Der Staat leistet keinerlei Beiträge zum Ver-
_ Sicherungsfonds, obwohl sich die Versicherung als „staatliche“
»4 bezeichnet