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ihrer Wollust, auch wohl ihrer Vorsicht, Zuverlässigkeit,
Gerechtigkeit, Tapferkeit. Aus einzelnen Beobachtungen
werden Maximen, die man um der eigenen Klugheit
willen bildet und schätzt. Fremd-Iche sind der Stoff,
aus dem sie gemacht worden, und die Ursache, warum
sie gemacht wurden: Ursache auch in sofern, als man
durch die Objektivierungen das Eindringen des perso
nalen NichtTch ins eigene Ich und damit des letzteren
Gespiegeltwerden fernhalten will. Wo das fremde Ich
unabweisbar nahe rückt, hört das kluge Vergnügen
auf. Die Objektivierung wird sittlich schärfer, wird
Lebensangelegenheit, wird unter Umständen zum
Gesetz des Handelns. Dieses Spiel zwischen den Ichen,
die sich ausweichen und in abstrakt klingende Gemein
plätze flüchten, die aufeinander zu getrieben werden
und dann im Erleben ihrer selbst und des andern oder
der andern zu erschütternden, unentrinnbaren Ge
meinsamkeiten gedrängt werden, versteht kein Dichter
so gut zu treffen wie Ibsen. Man sehe sich seine Schau
spiele daraufhin an; fast ausnahmslos ist sein Weg
eben dieser von den kümmerlichen Redensarten und
Konventionen, mit denen das Leben bisher maskiert
wurde, bis zu den in der katastrophalen Schluß
entwicklung auf gerissenen Abgründen der Seelen,
die mit Schaudern als Ich und Du erkannt werden:
aber auch dann noch eine Rettung in den neuen Sinn
der Gemeinsamkeit, in das „Wunderbarste“ Noras
(„nach der Wandlung in dir und mir"), Oswald
Alvings „Die Sonne — die Sonne“, in Ginas Objekti
vierung „Einer muß dem andern helfen“, die jener
andern der bankrotten „idealen Forderung“ Gregers’
gegenüber gestellt wird.