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Waterberg, 30. September.
Liebe Freundin und Schwester!
Ich weiß, Sie zürnen mir nicht, daß ich ohne
Dank und Abschied von Ihnen gegangen bin. Manches
ist ja von mir in dieser Zeit abgefallen, vieles hat
sich geändert und geläutert, aber noch heute vermöchte
ich's nicht, unter Ihre klaren und gütigen Augen zu
treten ... ich bin noch lange nicht genesen! Tage
lang reitet man im Stumpfsinn dahin, schlägt sich, die
Kugeln schwirren . . . Biwak . .. Durst .. . Hunger,
aber der Stumpfsinn ist keine Gesundheit. Und der
alte Freund, dem ich tausend und mehr Meilen weit
nachgezogen bin, um ihn zu finden, geht mir aus
dem Wege. Jeden Abend denke ich, na, vielleicht
morgen, aber er äfft mich, links und rechts von mir
fallen die braven Jungen, mich verspottet er, in dem
gellenden Pfeifen der Kugeln glaub' ich sein Lachen
zu hören.
Heute hat mir die Feldpost die Vermählungsan
zeige gebracht, „Herr und Frau August Schmielke
geben sich die Ehre" ... es gab einen gewissen Ein
schnitt in dem ewigen Einerlei, ein paar törichte An
klagen gegen das Schicksal und die Frage: Warum
gerade mir das? Also gut und vorbei. . . . Nur sie
hätte mich in Frieden lassen sollen, ich gehe ja auch
so meinen Weg. Und nur keine Angst, daß ich
je wieder ihren Pfad kreuzen könnte, die Hereros