Full text: Armer Henner .. (1/2)

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schießen leidlich, und der Krieg ist ja noch lange nicht 
zu Ende. 
Wenn ich mich heute frage, was mich damals in 
all die Wirrsal getrieben hat, so war es vielleicht ein 
Überschwang an Phantasie. In der andern sah ich 
immer einen Teil von Ihnen, liebte vielleicht zwei, 
Ihre herrliche Seele, Frau Annemarie, und der andern 
rotblondes Haar ... ich weiß es nicht mehr, mein 
armer Kopf tut mir weh von dem vielen Grübeln. 
Und keine Rettung: Selbst wenn sie ohne Seele wäre, 
könnte ich ihren Verlust nicht verwinden. In hundert 
Nächten schon ist mein Herz über Länder und Meere 
heimwärts geflogen . . . auch heute liege ich allein an 
dem spärlichen Lagerfeuer, in der Brust alles leer, 
weil mein Bestes wieder einmal auf Urlaub ist. . . . 
Und ob sie vielleicht noch einmal an mich denkt? . . . 
Vor mir, im ungewissen Licht der Mondsichel, erheben 
sich die nackten Felsen, die wir mit Tagesgrauen 
stürmen sollen ... in Prahlstorff aber sitzt eine, ein 
andrer beugt sich über ihr lachendes Gesicht, und sie 
merkt es vielleicht gar nicht, daß mein Herz um sie 
flattert ... die Nacht ist herum, in der Vorposten 
linie fallen Schüsse . . . also vielleicht heute .. . oder 
morgen? 
So lautete der Brief ohne Unterschrift und Adresse, 
der durch einen merkwürdigen Zufall — vielleicht, weil 
er beim Auffinden des Gefallenen in dem Kuvert der 
Vermählungsanzeige gelegen hatte — an eine falsche
	        
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