Full text: Über angebliche Zahnanlagen bei Vögeln

schon Fraisse, dass diese Papillen weder Zähne noch Zahn- 
anlagen seien. Aber vielleicht ist gerade die Tatsache, dass er 
keine Gründe für seine Behauptung anführt (was übrigens auch 
von den späteren Forschern niemand getan hat), die Ursache, 
dass noch heute ab und zu von den Papillen Geoffroy St.- 
Hilaires als den Rudimenten einer Zahnanlage gesprochen wird. 
Diese Papillen sollen den Zahnkeimen entsprechen, die bei 
den Säugetieren vom Zahnsäckchen umhüllt sind! 
Für die Wahrheit dieser Behauptung ist meines Erachtens 
nicht einmal Wahrscheinlichkeit vorhanden, geschweige denn, dass 
sie sich durch Beweise stützen liesse. Schon das makroskopische 
Bild macht nicht den Eindruck, als ob es sich um Homologa 
achter Zahnbildungen handle. Der Kieferrand älterer Papagei- 
asmbryonen und eben ausgeschlüpfter Nestjungen erscheint mehr 
»der minder eingekerbt, so dass ein Bild entsteht, das vielleicht 
mit der ersten Anlage der Selachierzähne — wenigstens am 
Seitenrande des Oberkiefers — eine entfernte Ähnlichkeit auf- 
weist. Aber wir haben gar keine Anhaltspunkte dafür, anzu- 
ıehmen, dass etwa bei den fossilen Vögeln die Zähne sich in der 
von den Selachiern her bekannten Art frei 
an der Haut- resp. Schleimhautoberfläche 
gebildet hätten. Wir wissen, dass bei 
[chthyornis der Ersatz der Zähne von 
hinten nach vorn, bei Hesperornis von der 
Tiefe des Kiefers nach der Oberfläche 
zu stattgefunden hat. Bei Archäopteryx 
scheinen die Zähne in Alveolen gesteckt zu 
haben. In bezug auf den Ersatz der Zähne 
hat er sich wohl ebenso wie Ichthyornis 
‚erhalten. Diese Tatsache aber führt uns Fig. 1 
zu dem Schluss, dass unbedingt eine Zahn- „Zahnkeime“ "im Sinne 
leiste vorhanden gewesen sein muss, und %eoffroySt.Hilaires. 
dass wir daher bei den angeblichen Ab- Schnabel von Melopsit- 
kömmlingen nur solche Zahnpapillen für btacus, kurz vorm Aus- 
echt halten, die im Anschluss an eine Zahn- Schlüpfen. Länge Ars 
leiste entstehen. Auch wenn man die Ver- Oberschnabels % mm. 
wandtschaft der Zahnvögel und der recenten Vögel als unwahr- 
scheinlich betrachtet, muss man sein Augenmerk auf die Existenz 
oder Nichtexistenz der Zahnleiste richten, wenn man irgend
	        
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