Mit Entsetzen wenden wir uns von den Schilderungen
des Altertums ab, nach denen Mütter ihre Rinder in die
glühenden Arme des Molochs legen, weil sie glaubten, da
mit Not von den Ihren abwenden zu können. Und in unsrer
Zeit, in der die Tempel (Lottes aufragen in jedem Grte,
in einer Zeit, die sich so laut ihrer Kultur und ihrer Mensch
lichkeit rühmt, werden noch immer Rinderopfer gebracht
gleich unerhörter Art!
3 m engsten Zusammenhang mit diesen Zuständen steht
die Wohnungsfrage.
Die enge, oft nur einzimmerige Stadtwohnung gibt den
Frauen keine Möglichkeit zu fruchtbarer Eigenarbeit, wie sie
sich im eigenen Ljeim und Garten ohne weiteres ergibt, und
wie sie zweifellos für die große Mehrheit die natürliche
„Lösung" der Frage der Frauenarbeit darstellen würde.
Dazu ist für die enge Mietskasernen-Wohnung oft ein so
hoher Mietspreis zu zahlen, daß er die Frau und Mutter
zur Erwerbsarbeit zwingt. Wie eng der Raum für deutsches
Familienleben heut vielfach geworden ist, das zeigen zwei
Aufsätze aus den Zeitschriften der deutschen Bodenreformer,
die hoffentlich recht bald nur noch als wunderbarliche kultur
historische Dokumente unserer Zeit erscheinen werden. Im
„Jahrbuch der Bodenreform" t9»9 berichtet der Volksschul
lehrer Lj. weis köpf aus Fürth über die Schlafverhältnisse
seiner Schulkinder, von 60 Rindern hatten noch ein
eigenes Bett; aber davon waren auch 9 im Waisenhaus:
„Muß heute ein deutsches Rind erst lVaisenkind sein, uin die
wohltat eines Nachtlagers für sich allein genießen zu dürfen?"