368
nicht viel Menschenkenntnis dazu, um zu verstehen, daß diese
verwandten Organisationen einen Hauptteil ihrer Kraft in
gegenseitiger Bekämpfung ausgaben. Jede von ihnen war
ja ständig gezwungen, den Nachweis zu führen, daß sie
allein die „richtige" Bodenreform vertrete, und die anderen
abzulehnen seien. (Vgl. Damaschke: „Zur Geschichte der
deutschen Bodenreformbewegung", Berlin, Verlag „Boden
reform" J.906.)
Eine einheitliche Bodenreformbewegung in den deutsch-
sprechenden Ländern besteht heut in dem Bund Deutscher
Bodenreformer. Sein Programm umfaßt nur einen Satz:
„Der Bund deutscher Bodenreformer tritt dafür ein, daß der
Boden, diese Grundlage aller nationalen Existenz, unter ein Recht
gestellt werde, das seinen Gebrauch als Werk- und Wohnstätte
fördert, das jeden Mißbrauch mit ihm ausschließt, und das die
Wertsteigerungen, die er ohne Zutun des Einzelnen erhält, mög
lichst dem Volksganzen nutzbar macht."
Dem Bunde, der feine Unabhängigkeit nach allen Seiten
wahrte und eine ehrliche politische und religiöse Neutralität
entschlossen durchführte, war keine schnelle, glänzende Ent
wicklung beschieden. Aber die Treue derer, die einmal die
Bedeutung der Bodenreformwahrheit für ihr Volk erkannt
hatten, ermüdete nicht. Langsam aber stetig steigt die Mit
gliederzahl und ihr Einfluß im öffentlichen Leben.
Es ist ein bedeutsames Zeichen, daß gerade unter
den erschütternden Erfahrungen dieses gewaltigen Krieges
mehr Mitglieder dem Bunde Deutscher Bodenreformer bei
getreten sind, als je zuvor. Ist dieser Krieg nicht auch
ein gewaltiger Anschauungsunterricht für die ganz eigen
artige Bedeutung des vaterländischen Bodens? Und hat
dieser Krieg nicht in all seiner Furchtbarkeit doch Millionen