Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

Ein wesentliches Interesse an der Ausbildung des Inhaber- 
papiers (richtiger: an seiner Verbreitung, denn in ihren Kreisen 
bestand es ja von jeher) gewannen die Juden, seit sie (wie wir 
noch genauer verfolgen werden) die börsenmäßige Spekulation in 
Waren und Effekten zu entwickeln begannen, 
In welch raffinierter Weise die Rechtsform des Inhaber- 
papiers zur Durchführung von Warentermingeschäften schon im 
17. Jahrhundert ausgenutzt wurde, zeigt uns. ein Amsterdamer 
Gutachten vom Jahre 1670 (es handelt sich um eine A la hausse- 
Spekulation in Walfischbarten, die der Spekulant durch Ein- 
schiebung von Strohmännern zu cachieren versucht !®), 
Und dann mußte natürlich der Spekulationshandel in Effekten 
die Einbürgerung des Inhaberpapiers ungemein begünstigen. Ins- 
besondere, seit die Juden anfingen, sich mit der Emittierung von 
Effekten gewerbsmäßig zu befassen, mußte ihr ganzes Sinnen 
darauf gerichtet sein, dem Inhaberpapier immer weitere Ver- 
breitung zu verschaffen. Es ist einleuchtend, daß die Unter- 
bringung kleiner Schuldbeträge bei einer großen Anzahl von Per- 
sonen, namentlich bei öffentlichen Schuldverschreibungen, ohne 
die Erleichterungen und Vereinfachungen, die das Inhaberpapier 
gewährte, fast ein Ding der Unmöglichkeit war. Man bringt des- 
halb auch. mit Recht -die Entwicklung der gewerbsmäßigen 
Emissionstätigkeit und die der Inhaberpapiere in einen ursäch- 
lichen Zusammenhang %%9, 
Wie sehr das geschäftliche Interesse, genauer: der Wunsch, 
den börsenmäßigen Handel in Effekten zu erleichtern und zu 
fördern, bei den Juden maßgebend bei der Ausbildung und Hand- 
habung des Inhaberpapiers war, erkennen wir auch aus gelegent- 
lichen Äußerungen der Rabbiner. So lautet eine sehr lehrreiche 
Stelle bei R’. Schabbatai Cohen (Schach 50, 7) (nach der 
Übersetzung bei Auerbach, 281) wie folgt: 
„Der Käufer des Inhaberpapiers hat gegen den Schuldner cine Forderung 
auf Schadenersatz, wenn der Schuldner gegen eine chirographische Quittung 
oder gar ohne diese, so daß eine Publizität der Zahlung nicht hervorgebracht 
wurde, zahlte, um nicht den Handel mit solchen Papieren 
zugefährden. Wenn auch R’, Ascher und Konsorten von Schtarot jede 
Verordnung, die die Rabbiner überhaupt zur Ausbreitung des Handels ein- 
geführt hatten (!), fernhalten, weil ein Handel mit Schuldscheinen ihrer um- 
ständlichen Übertragung wegen nicht stark sein kann, so sprechen diese Autoren 
8s nur für Schtarot (resp. Chirographien) als Rektapapiere aus, beilnhaber-
	        
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