an vieles dachte, was ihm früher nie in den Sinn gekommen
war, und all diese Gedanken hatten in der einen oder andern
Weise Bezug auf seinen Enkel. Der Stolz war der stärkst
ausgeprägte Zug seines Wesens, und diesen befriedigte der
Junge in jeder Hinsicht, und dieser Stolz war es, durch den
der Graf zuerst wieder Interesse am Leben gewann. Er
hatte es tragen müssen, nicht nur, daß seine Söhne ihm
Kummer und Schande gemacht, sondern auch, daß die Welt
dies erfahren und gewußt hatte. Nun war es ein nachträg
licher Triumph, dieser Welt einen Erben zeigen zu können,
an dem auch das schärfste Auge keinen Tadel oder Fehl ent
decken konnte. Er machte nun gern Zukunftspläne, und zu
weilen überkam ihn ein bittrer Schmerz darüber, daß seine
Vergangenheit nicht so war, wie das arglose Kindergemüt
sie voraussetzte, und ihm bangte oft innerlich vor der Mög
lichkeit, daß ein Zufall dem Kinde verraten könnte, daß man
seinen Großvater mehr als ein Menschenalter lang den milden
Dorincourt genannt hatte, und daß dann die braunen Augen
sich mit einem Ausdruck des Schreckens aus ihn heften könnten.
Er hatte so viel zu denken, daß er häufig die Gicht vergaß,
und nach einiger Zeit fand der Arzt seinen Patienten in
einem so erfreulichen Gesundheitszustände, wie er ihn nie
mehr für ihn zu hoffen gewagt hatte — vielleicht, daß es
dem. alten Egoisten auch körperlich wohl that, nicht mehr
allein an sich zu denken, es war wenigstens eine bisher nicht
an ihm versuchte Kur!
Eines schönen Morgens waren die Leute höchlichst er
staunt, Lord Fauntlerop in ganz andrer Begleitung, als der
seines Grooms ausreiten zu sehen. Der neue Begleiter ritt
einen schweren, mächtigen Schimmel und war kein andrer,
als der Graf in Person. Fauntlerop hatte diesen großen
Gedanken angeregt, indem er eines Morgens beim Aufsteigen
bemerkte: „Ich wollte nur, du kämest auch mit. Das Reiten
macht mir gar nicht so viel Freude, weil ich dann immer
denke, wie ganz allein du in dem großen Schlosse bist," und
dabei sah er den Großvater erwartungsvoll an.
Ein paar Minuten darauf herrschte unerhörte Aufregung
im Stalle; es war der Befehl eingetroffen, daß Selim für
Seine Herrlichkeit gesattelt werden solle. Von da an ward
Selim fast täglich gesattelt, und die Leute gewöhnten sich
ganz daran, den großen alten Herrn mit den weißen Haaren
und dem scharf geschnittenen, noch immer schönen Gesichte ans