Full text: Sturm

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Euch auf vom Lager! Das sei Euer Leben! — 
Und Euer Sterben dies: verlassen; freundlos; 
Gehaßt von Euren Kindern; und verabscheut 
Von Allen, die Ihr liebt; verflucht; verachtet 
Erhebe sich vor Euren starren Blicken 
ln letzter Stunde einmal noch das Bild, 
Das Eurer Tage nie versöhnter Schatten 
Und Eurer Nächte dräuend Schreckbild war! 
Dies unser Fluch! Vernehmt ihn! Lebt! und sterbet! 
Es ist gescheh’n! — Wohl starben unsere Brüder, 
Jedoch sie werden leben in uns Allen! 
Sie sind die ersten Opfer nicht der Zukunft, 
Und werden nicht die letzten sein uns Alle 
Berührt der Fittich unserer dunklen Tage. 
Wenn einst die Menschen nach unzähligen Kämpfen 
Gelernt, was ,Mensch sein’ heißt, und ,menschlich handeln’, 
Dann werden sie wie wir in diesen Tagen 
Mit Abscheu sich von jenen Mördern wenden, 
Und es verstehn, warum in unsern Herzen 
Die Liebe starb und Haß erstehen mußte. 
13. November 1887 
III. Ein Jahr später 
An die Ueberlebenden 
Ein Jahr ging dahin. Die verzehrende Glut 
Der Seefe, nun ist sie verlodert! 
Im Grab der Vernunft sind Verzweiflung und Wut 
Und mein Haß zur Wehmut vermodert. 
Und heute, wo ich endlich fand 
Mich selbst in dem wilden Orkane, 
Schreibt fest und langsam meine Hand: 
„Auch Ihr seid gestorben im Wahne!" 
Mein Glaube war nie der Eure: Ihr habt 
Auf das ,Volk‘ gebaut, auf ,das treue 4 , 
Und als Ihr Euer Leben ihm gabt, 
Da mußtet ihr sterben in Reue .... 
Mein Glaube war nie der Eure und jetzt, 
Jetzt weiß ich, warum Ihr gestorben: 
Weil Ihr Euer Heil auf die Liebe gesetzt, 
Hat sie Euch als Opfer geworben . . . 
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