Die Knechtin
Sie war die Sklavin ihres Mannes und ihrer Kinder all ihr Leben.
Sie sollte sich als Opfer geben, und konnte sich nicht freudig geben,
Weil sie ein Recht zu eigenem Leben — gleich jenen — auch im
Innern fühlte,
Das erst der Tage Sorge und der Nächte Kummer von ihr spülte.
Es hatte ihr so gar natürlich, so menschlich einst auch ihr geklungen:
„Dein ist dein Leben!“ Aber Alles ward in das Joch der Pflicht
gezwungen.
Ihr Mann beherrschte sie brutal-gewaltsam, und die eigenen Kinder,
Nun, sie beherrschten sie zwar anders — jedoch von lag zu
Tag nicht minder.
Und als ihr Mann endlich gestorben und ihre Kinder groß
geworden,
Und sie verlassen stand an ihres verlorenen Lebens fremden Borden,
Da kam ihr der Gedanke wieder, der immer, immer unterjochte,
Und — seltsam! - stetig stark und stärker an ihre müde Stirn er
pochte:
Es wäre doch vielleicht gerechter, und sicher menschlicher gewesen
Du hättest dir ein eigenes Leben zu eigenem Glücke einst erlesen . . .
Unschuldig verurteilt!
Wie ich zum Sünder wurde? — Nun wohlan,
Weil ich just in der rechten Stimmung bin,
Will ich’s Euch sagen, und Ihr werdet dann
Vielleicht ein wenig ändern Euren Sinn -
Vielleicht auch nicht — was liegt denn mir daran,
Ob Ihr die Heuchlermienen frömmelnd legt
In strenge Falten, oder mitleidsvoll
Bedauernd Eure Schultern zuckt! — Bewegt,
Von Allen Denen, die mich angespien,
Wird doch kein einziger — ich weiß das wohl!
Ich will’s auch nicht! Ich hab’ Euch nie verzieh’n
Und fordere von Euch auch kein Verzeih’n.
Den Haß, den glühenden, will ich behalten,
Und nie soll er in meiner Brust erkalten,
So lang’ ein Atemholen sie noch hebt,
So lange sie dem Tod entgegenbebt! —
Denn dieser Haß ist Alles, was noch mein!
Er ist die Nahrung mir, an der ich zehre,
Der Trank, den gierig ein die Lippe saugt
Ihn zu vermehren ist, was ich begehre:
Er ist der Born, in den mein Wesen taucht.