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Das ziel, dem all mein Sein entgegenstarrt — —
Vernehmt, wie dieser Haß mein eigen ward.
Ja, ich war auch ein fromm-unschuldig Kind,
Und in mir trug ich seliges Vertrauen
Zu allen Menschen, o ich war so blind,
Daß ich in ihnen mich könnt’ wiederschauen! —•
So lebte lange Jahre ich dahin,
Da war ich das, was man „zufrieden“ nennt —
Ich aber jauchze, daß ich’s nicht mehr bin,
Denn heute meine Seele Alles kennt.
Alles: den ganzen Zwiespalt jedes Seins,
Die jammervolle Hohlheit alles Scheins . . .
Ich bin nicht glücklich mehr, das ist vorbei!
Ein Tag schlug alles Glück in mir entzwei — —
Das war ein grauen-schreckensvoller Tag,
An den nicht gerne ich mehr denken mag! — —
Wohl bin ich stark geworden: o ich wühle
In allen Tiefen der zerrissenen Brust
Mit Wollustqual; wohl bin ich stark: ich kühle
Die Stirne heut’ in fremdem Weh mit Lust!
Denn jener Tag — der Tag, er war zu gräßlich,
Was er zerstörte, war zu unermeßlich . . .
Jedoch ich will erzählen. Zwanzig Jahr
War alt ich, jugendfrisch und stark mein Mut,
ln mir noch Kraft, die Erde zu durchstürmen,
Und Fels auf Fels zum Flimmel aufzutürmen;
Voll Freude war mein Blick, noch braun mein Haar,
Noch floß mir in den Adern heißes Blut,
Und nach Genuß rief in mir Lebensglut . . .
Da griffen sie mich, schleppten zum Gericht
Mich hin — und klagten mich des Mordes an! —
Ich lachte und verteidigte mich nicht.
„Des Mordes mich, und keinem Kinde kann
Ein Haar ich krümmen! — Ein Versehen nur,
Wie bald — man kennt des rechten Mörders Spur!" —
Man kerkerte mich ein — und immer noch
Hab’ ich — verdrießlich halb gelacht. - - Jedoch
Dann kam ein lag, an dem ich nicht mehr lachte . . .
Ein Tag, der Alles nahm und Alles brachte!
Da ward es blutiger Ernst: in einen Saal
Ward ich geführt, und unter tausend Blicken,
ln derer keinem leisestes Mitleid wohnte,
Ward von dem Manne, der dort oben thronte,
Ich ausgefragt — kein Ende nahm die Qual —
Man glaubte mir nicht. Hinter meinem Rücken