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die Gesetze ihres unsichtbaren Souveräns bloß solche Ideen,
als ihnen seine Minister mitteilen; diese hingegen geben
es zu, daß sie selbst keine Vorstellung von ihrem Meister
sich machen können, daß sein Wille unerforschlich, seine
Ansichten und Eigenschaften unergründlich sind; so sind
seine Diener unter sich selbst nie einig über die Gebote; die
sie von ihm auszugeben vorgeben, dessen Organe sie sich
nennen; er verkündet dieselben in jeder Provinz seines
Reiches verschieden; sie schmähen sich gegenseitig und einer
beschuldigt den andern des Betruges und der Verfälschung.
Die Edikte und Gebote, welche sie zu verkünden beauftragt
zu sein vorgeben, sind dunkel; es sind Rätsel, die von den
Untertanen, denen sie zur Belehrung gegeben sein sollen,
nicht verstanden und nicht erraten werden können. Die
Gesetze des verborgenen Monarchen bedürfen der Erklä
rungen, doch jene, die sie erklären, sind nie unter sich einig;
alles, was sie von ihrem verborgenen Fürsten erzählen, ist
ein Chaos von Widersprüchen; sie sagen auch nicht ein Wort,
das sich nicht auf der Stelle als Lüge erweisen ließe. Man
nennt ihn außerordentlich gut; dennoch gibt es auch nicht
einen Menschen, der sich nicht über seine Beschlüsse beklagt.
Man nennt ihn unendlich weise, und in seiner Verwaltung
scheint alles der Vernunft und dem gesunden Verstand ent
gegen zu sein. Man rühmt seine Gerechtigkeit und die
besten seiner Untertanen sind gewöhnlich die am wenigsten
Begünstigten. Man versichert, daß er alles sieht, und seine
Allgegenwart heilt nichts. Er ist, sagt man, ein Freund
der Ordnung, und in seinem Staate ist alles in Verwirrung
und Unordnung. Er tut alles aus sich selbst, aber die Er
eignisse entsprechen selten seinen Plänen. Er sieht alles
voraus, aber er weiß nicht, was da kommen wird. Er
läßt sich nicht ungestraft beleidigen, und dennoch duldet er
die Beleidigung eines jeden. Man bewundert sein Wissen,
die Vollkommenheit seiner Werke, dennoch sind seine Werke
unvollkommen und von kurzer Dauer. Er schafft, zerstört
und verbessert an dem, was er gemacht hat, ohne je mit