Air können nun zurückblickend eine Anzahl von Schlüffen
ziehen, die uns die Übersicht über das große gebiet der
Liebesbeziehungen erleichtern und uns das Dunkel plötzlich
ein wenig erhellen. Air können feststellen, daß ein Mensch,
dessen soziale Entwicklung Schaden gelitten hat, der keine
freunde hat, Kein richtiger Mitmensch geworden ist, der eine
Aeltanfchauung fein eigen nennt, wie sie dem Lemeinfchasts-
gefühl widerspricht, der auch vielleicht feine Berufsfrage nicht
gut lösen Konnte, also wieder der, der kür die gemeinfchakt
ganz oder nahezu ganz verloren ist, in feinen Liebesbeziehungen
Schwierigkeiten haben muß, ja kaum imstande fein wird, die
erotische frage zu lösen. Die so gearteten Menschen werden
absonderliche Aege einschlagen, Schwierigkeiten schaffen und,
wo sie sich ihnen darbieten, wie nach einer sichernden Aus
rede nach ihnen greifen. Diese Schwierigkeiten wollen wir nun
etwas genauer betrachten, wobei wir in das ganze Problem
eine tiefere Einsicht gewinnen werden. Air werden feststellen
können: auch in den Liebesbeziehungen eines Menschen schwingt
seine ganze Persönlichkeit mit. Es ist uns sowohl
möglich, aus seinen Liebesbeziehungen seine Persönlichkeit
mitzuverftehen, als auch aus dem Derftändnis feiner gefamt-
perfönlichkeit heraus die dazu paffende Eigenart feiner ero
tischen Ansprüche zu erraten.
Überaus häufig finden wir innerhalb der erotischen Be-
ziehungen sehr verbreitete, wenn auch irrtümliche üoraus-
fetzungen, daß Liebe den anderen teil verpflichte.
Aenn wir ein wenig ins Leben hineinhorchen und uns
hierbei ein wenig selbst beobachten, so können wir uns davon
überzeugen, daß wir sehr oft den Irrtum begehen, zu glauben,
die geliebte Person sei durch die tatfache, geliebt zu werden,
bereits verpflichtet. Dieser Irrtum scheint irgendwie in unserer
ganzen Anfchauungskorm enthalten zu fein. Er stammt aus
der Kindheit und aus den Beziehungen innerhalb der 5amilie,
in welcher in der tat die Liebe des einen nahezu die Der-
pflichtung des anderen ist. Air tragen nur einen Rest dieser
Kindlichen Anschauung in uns, wenn wir diese Derhältniffe
ins Leben übertragen wollen. Die hieraus entstehenden Aus
tz