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Menschen eingreisen. Unbewußt lind diese Zusammenhänge,
weil niemand, wenn er einen Beruf ergreift, daran denkt,
daß er einen Schritt zum Nutzen der Allgemeinheit unter
nommen, daß er sich einen Platz in der allgemeinen Arbeits
teilung gesucht hat. Freilich kommt es weiters auch darauf
an, wie er sich in seinem Beruf betätigt. 6s gibt ja Menschen,
die wohl bis zu einer Berufswahl gelangen, innerhalb ihres
Berufes aber versagen oder nach einiger Zeit erkennen, sie
hätten eigentlich etwas anderes werden sollen. Mir werden
aus einem häufigen Mechsel der Berufe schließen, daß wir
Menschen vor uns haben, die eigentlich gar keinen Beruf
haben möchten, sich vielleicht für jeden Beruf als zu gut,
also zu schlecht dünken und nur so tun, als ob sie mitgingen.
Die dritte Lebensfrage, die jeder Mensch losen muß,
ist nun die Liebes- und (-befrage, die wir hier besonders
betrachten wollen. In diese Frage wächst das Kind nach und
nach hinein. Seine ganze Umgebung ist erfüllt von Liebes
und Einbeziehungen. 6s ist nicht zu verkennen, daß das
Kind schon in den allerersten Lebensjahren zu dieser Frage
Stellung zu nehmen und sich eine Ridrtung zu geben ver
sucht. Mas wir von dieser Tatsache in Morten hören, ist nicht
entscheidend, denn sobald es auf Liebesfragen zu sprechen
kommt, bemächtigt sich seiner oft eine ungeheure Scheu. 6s
gibt Rinder, die es ganz dezidiert aussprechen, daß sie über
dieses Cbema ’nicht reden können. 6s gibt Rinder, die ihren
Eltern sehr zugetan lind, es aber nicht zustande bringen,
mit ihnen zärtlich zu {ein. Ein vierjähriger Rnabe hat Rüsse,
die man ihm geben wollte, mit Schlägen ins gesicht beant
wortet, weil ihm das ßefübl einer zärtlichen Regung un
heimlich war, ihm beängstigend, geradezu demütigend schien.
Auch bei einem Rückblick in unser eigenes Leben wird es
uns nicht entgehen können, daß jede Zärtlichkeitsregung von
einer Art Schamgefühl begleitet wird und von dem Eindrucke,
als würde man dadurch schwächer werden oder im (Berte
sinken. Dies ist sehr merkwürdig und bedarf einer Erklärung.
Mir wachsen in der Stimmungslage auf, als ob eine zärtliche
Regung eine Schande wäre. Diese Stimmungslage stimmt