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überein mit der einheitlichen Richtung unserer Kultur lisch
einem männlichen Ideal. Dementsprechend werden untere
Kinder in Schule, siteratur und jeder Umgebung fortwährend
in der Richtung erzogen, in der siebe eine Art Unmännlichkeit
zu erblicken, und sie drücken das manchmal auch deutlich
aus. Manche gehen darin so weit, das; man von ihnen als
von gefühlsfcheuen Menschen sprechen kann.
Die ersten Zärtlichkeitsregungen des Rindes treten schon
sehr frühzeitig in Erscheinung. Mir können aus der Entwick
lung derselben sehr leicht feststellen, das; sie alle Regungen
des angeborenen Lerneinschaftsgefühles sind. Das;
das Gemeinschaftsgefühl angeboren ist, erhellt aus der Regel-
mäfcigkeit seines jedesmaligen Auftretens. Der Grad seiner €nt=
faltung gibt uns die Möglichkeit, die Stellung zum Leben zu
überblicken. Im Begriff „Mensch" liegt bereits unser ganzes
Geständnis für das Gemeinschaftsgefühl, wir könnten uns einen
Menschen, der es verloren hätte und dennoch als Mensch be
zeichnet werden sollte, nicht vorstellen. Auch in der Geschichte
finden wir isoliert lebende Menschen nicht. Mo immer Menschen
angetroffen wurden, fand man sie in Gruppen vor, wenn die
einzelnen Menschen nicht etwa künstlich oder durch Mahnsinn
voneinander getrennt waren. Darwin weist im Tierreiche nach,
das; jene Lebewesen in Gruppen leben, die der Natur
gegenüber eine ungünstigere Position haben. Die Ditalität, die
Lebenskraft dieser ungünstiger gestellten Ciere wirkt sich dahin
aus, dafc diese Ciere sich zu Gruppen zusammenschließen, un
bewußt einem Prinzip der Selbsterhaltung folgend. Mir können
ferner verstehen, daß alle jene vereinzelt lebenden Ciere, denen
in ihrer stiefmütterlichen Ausbildung das Gemeinschaftsgefühl
gemangelt hat, zugrunde gehen mußten. Sie fielen einer natür
lichen Auslese zum Opfer. Das Prinzip der natürlichen Auslese
ist auch dem Menschen gegenüber gefährlich, da er der Natur
gegenüber körperlich am stiefmütterlichsten ausgestattet ist.
Die Situation der Minderwertigkeit und Unzulänglichkeit des
Menschengeschlechtes entwickelt im ganzen und im einzelnen einen
fortwährenden Antrieb und Zwang, der uns so lange forttreibt,
bis ein ungefährer Ruhezustand erreicht ist und ein Bestand