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1919, die das allgemeine, gleiche, unmittelbare geheime Wahlrecht
für alle über 20 Jahre alten Einwohner der Gemeinde ohne Unter
schied des Geschlechts auf der Grundlage des Verhältniswahl
systems einführte und neben dem Pluralwahlrecht auch das Haus
besitzerprivileg, die Oeffentlichkeit der Stimmabgabe, die Ent-,
rechtung der Frauen, den Ausschluß bestimmter Beamtengruppen
vom passiven Wahlrecht, das Wahlrecht von Forensen. und ju
ristischen Personen und das Erfordernis der preußischen Staats
angehörigkeit als Vorbedingung für die Ausübung des Wahlrechts
beseitigte. An seine Stelle trat die deutsche Reichsangehörigkeit.
Im einzelnen besagte die Verordnung, durch die gleichzeitig
alle Gemeindevertretungen aufgelöst und Neuwahlen bis zum
2. März 1919 vorgesch'rieben wurden, in ihren wichtigsten Para
graphen:
§ 1.
Die Mitglieder der Gemeindevertretungen werden in allgemeinen,
unmittelbaren und geheimen Wahlen nach den Grundsätzen der Ver
hältniswahl gewählt.
Jeder Wähler hat eine Stimme.
§ 2.
Wahlberechtigt und wählbar sind alle im Besitze der deutschen
Reichsangehörigkeit befindlichen Männer und Frauen, welche das
20. Lebensjahr vollendet haben, im Gemeindebezirk seit sechs Monaten
ihren Wohnsitz haben und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte
sind. Ob diese Voraussetzungen zutreffen, entscheidet sich für das
aktive Wahlrecht nach dem Zeitpunkt der Auslegung der Wählerliste.
Als Wohnsitz ist der Gemeindebezirk anzusehen, in dem jemand
eine Wohnung unter Umständen inne hat, die auf die Absicht der
dauernden Beibehaltung schließen lassen.
§ 3.
Von der Ausübung des Wahlrechts ausgeschlossen ist:
1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft steht;
2. wer infolge eines rechtskräftigen Urteils der bürgerlichen Ehren
rechte ermangelt.
§ 4.
Aufgehoben werden Vorschriften, wonach
das Wahlrecht in anderen Fällen als denen des § 3 ruht;
Forensen und juristischen Personen ein Wahlrecht zusteht;
die Ausübung des Bürgerrechts von der Zahlung eines Bürger
rechtsgeldes abhängig gemacht wird;
ein bestimmter Prozentsatz der Gemeindevertretung aus Grund
stückseigentümern, Nießbrauchern usw. bestehen muß (so
genanntes Hausbesitzerprivileg);
bestimmte Beamtengruppen von der Wahl zum Gemeindevor
stand oder zur Gemeindevertretung ausgeschlossen sind;
neben den gewählten auch nicht gewählte Personen der Ge
meinde- (Bürgermeisterei-) Vertretung als Mitglieder hinzu
treten.
§ 5.
Die Gemeindevertretungen bestehen aus mindestens 6 und höchstens
144 Mitgliedern.
Die gegenwärtigen Gemeindevertretungen werden aufgelöst. Die
Neuwahlen haben an einem Sonntag bis spätestens 2. März 1919 zu
erfolgen.