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Bei der Beratung der gewerkschaftlichen Grundsätze wird von Urban
sehr scharf gegen die in der Arbeitsgemeinschaft kaufmännischer Verbände vereinigten
Organisationen Stellung genommen, denen er trotz ihrer Zustimmung zu den vor
liegenden Grundsätzen den gewerkschaftlichen Charakter' unbedingt bestreitet. Er be
handelt die Satzungen dieser Vereine, sowie neuerdings verbreitete Flugblätter und
sieht in der Anerkennung dieser Vereine als Gewerkschaften nur eine Stärkung der
selben. Er wünscht darum eine schärfere Fassung der Grundsätze.
Legten erklärt demgegenüber, daß wir doch ein Interesse daran haben, jene
Arbeitnehmerschichten, die sich heute noch im bürgerlichen Lager, befinden, und die bei
den Angestellten nach Hunderttausenden zählen, zu uns herüberzuziehen. Dadurch,
daß wir die anderen Organisationen jetzt nicht abstoßen, sondern festlegen, wie sie zu
handeln und ihre Statuten einzurichten haben, dadurch nur können wir sie der klassen
bewußten Gesamiarbeiterschaft zuführen.
Es wird zunächst die Einsetzung einer besonderen Kommission zur nochmaligen
Durchberatung der Grundsätze eingesetzt. Der Kommission gehören an Döring,
Heckmann, Mahler, Seitz, Stau dinge r. Außerdem je ein Vertreter der
Bureauangestellten, Handlungsgehilfen und Eisenbahner.
Nachdem auch die Vorschläge der Kommission zur Debatte gestellt waren, werden
die Grundsätze mit folgender Einleitung angenommen:
,Ms Gewerkschaften können nur solche Arbeitnehmerorganisationcn gelten, die in
ihren Satzungen oder in ihrem Handeln die folgenden Regeln über Zusammensetzung,
Leitung, Zweck und Mittel anerkennen:
Z u s a m m e n s e h u n g.
Eine Arbeitnehmergewcrkschaft bzw. deren Sparten oder Sektionen soll bestehen
aus den Arbeitnehmern des betreffenden oder verwandten Berufes, die ohne Unter
schied des Geschlechts, Glaubensbekenntnisses und der Partei aufgenommen werden
müssen. Arbeitgeber oder deren Vertreter dürfen dieser Arbeitnehmergewcrkschaft
nicht angehören. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn cs sich um bisherige Mit
glieder der betreffenden Gewerkschaft handelt, die inzwischen Arbeitgeber oder Arbeit
gebervertreter geworden sind und ihre Mitgliedschaft in der Arbeitnehmergewerkschaft
nicht aufgeben wollen. Diesen außerordentlichen Mitgliedern darf weder Sitz noch
Stimme in den leitenden, örtlichen, bezirklichen oder zentralen Instanzen der Arbeit
nehmergewerkschaft zugebilligt werden. An Abstimmungen innerhalb der Ortsgruppe,
der sie angehören, dürfen sie nicht teilnehmen. Arbeitgeber, die als solche ausgenommen
wurden, müssen entfernt werden. Die Gewerkschaft muß den Grund der Gemeinsamkeit
der Arbeitnehmerinteresscn gegenüber dem Unternehmertum und die daraus folgende
Solidarität aller Arbeitnehmer anerkennen, sowie diese Grundsätze auch sozialpolitisch
betätigen.
Leitung.
Die Leitung der Arbeitnehmergewerkschaftcn liegt sowohl in der Hauptgeschäfts
stelle wie auch in den Bezirks- und örtlichen Organisationen in den Händen von Arbeit
nehmern. Diese Leitungen werden von den Arbeitnehmern nach dem demokratischen
Wahlverfahren gewählt.
Zwecksatzung.
Der Zweck einer Arbeitnehmergewerkschaft ist die Verbesserung der L o h n -
und Arbeitsbedingungen und die Hebung der wirtschaftlichen, sozialen und
rechtlichen Lage der Arbeitnehmer des betreffenden Berufes.
Mittel z u in Zweck.
Zur Erreichung des Zweckes der Arbeitnehmergewerkschaft kommen in Betracht:
s.) Verhandlungen mit den Arbeitgebern oder ihren Organisationen über die
Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen und den Abschluß von kollektiven
Lohn- und Arbeitsverträgen.
d) Die Arbeitsniederlegung (der Streik), wenn die Verhandlungen zu keinem
annehmbaren Ergebnis führen.