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Vor Eintritt in die Tagesordnung gedenkt Legten des verstorbenen Vorsitzenden
des Dachüeckerverbandes Georg D i eh l - Frankfurt a. M.
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Legten verweist im mündlichen Geschäftsbericht auf die immer mehr sich
häufenden Untcrstützungsanträge für Sekretariate und geht ausführlich auf die Vor
gänge ein, die zur Errichtung eines besonderen Bczirkssekrctariats in Braun'fchwcig
auf Kosten der Generalkommission führten.
Ferner wird berichtet über stattgesundcne Verhandlungen anläßlich des
M n n i t i o n s arb e i t e r st rei k s und des H i nd e nb u r g bri e f e s mit der
Negierung bzw. den Zentralen der anderen Organisationsgruppen.
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Das Zentralkomitee der Preußischen Landesvereine vom Roten Kreuz, das gleich
zeitig das Reichszentralkomitee bildet, hat u. a. auch einen Unterausschuß für die
Erfüllung sozialer Aufgaben eingesetzt, dem Legten angehört (siehe zwölfte Konferenz).
Dieser Ausschuß babsichtigt eine größere sozialpolitische Tätigkeit zu entfalten
und hat sein Tätigkeitsgebiet in bestimmten Leitsätzen umschrieben. Darin ist
vorgesehen, daß der allgemeine Rettungsdienst auch für die Friedenszeit organisiert
werden soll, die Mithilfe bei der Seuchenbekämpfung und bei der Beteiligung an der
Krankenpflege innerhalb der Kreise. In den ländlichen Kreisen liegt die Kranken
pflege, besonders der Krankentransport, noch sehr danieder. Ferner die Fürsorge für
Bäder und Anstalten, die Fürsoge für zurückkehrende Kriegsteilnehmer, wie für
Teilnehmer an den früheren Feldzügen und die Unterhaltung von Werk
stätten f ü r A r b c i t s t h e r a p i e.
Die günstigen Erfahrungen, die mit der Behandlung Verwundeter gemacht wurden,
sollen in die Friedenszeit übernommen und auf die Unfallverletzten angewendet
werden. Die bisherige Methode, stundenlang an einem bestimmten Apparat üben zu
lassen, anstatt durch Verrichtung einer bestimmten Arbeitstätigkeit die nötige Ein
gewöhnung und Anpassung herbeizuführen, sei veraltet. Das System der Rcntcn-
quetschen soll durch die Arbeitstherapie ersetzt werden. Für die vorbereitenden Arbeiten
hierzu hat das Rote Kreuz zunächst 50 060 M. zur Verfügung gestellt. Für die
Organisation der Arbeitstherapie und die Art der Behandlung hat der Senatspräsidcnt
Spiegeltal im Reichsversicherungsamt folgende Leitsätze aufgestellt:
1. Begriff und Z w e ck.
Vom sozialen Standpunkt aus darf die Fürsorge für einen Erkrankten nicht mit
Abschluß der medizinischen Heilbehandlung als beendet angesehen werden. Wäre dies
der Fall, so würden in zahlreichen Fällen wertvolle Reste menschlicher Arbeitskraft
verloren gehen, zum Schaden der Allgemeinheit und des Erkrankten selbst. Das Ziel
der sozialen Fürsorge muß vielmehr die weitestgehende Wiederherstellung der Arbeits
fähigkeit des Erkrankten sein.
Ein solcher Erfolg läßt sich namentlich bei Schädigungen der körperlichen Un
versehrtheit in weitem Umfange durch die sogenannte Arbeitstherapie erreichen. Das *
haben bisher bereits die Bestrebungen der Kriegsbeschä^igtcnfürsorge gelehrt. Unter
Arbeitstherapie versteht man Beschäftigung des Verletzten in eigens hierfür ein
gerichteten Werkstätten und landwirtschaftlichen Bctricbsanlagen unter sachkundiger
medizinischer und technischer Anleitung zur Übung des verletzten Gliedes und zur
Anpassung an die praktische Arbeit.
Durch derartige Einrichtungen, die in weitem Umfange die bisherige me-dico-
nlechantsche Methode zu ersetzen geeignet sind, wird ein doppelter Zweck — auf körper
lichem und seelischem Gebiet — erreicht; einmal wird die notwendige Übung des be
schädigten Gliedes schneller gefördert, da der Verletzte naturgemäß bei der schaffenden
Tätigkeit der Wcrkstattarbeit einen höheren Eifer entwickeln wird als bei der oft
geisttötenden Pcndelci der medico-mechanischen Methode. Denn erfahrungsgemäß
wird jede gleichartige, längere Zeit sich wiederholende Muskcltätigkcit leichter und
williger verrichtet, wenn ein Erfolg dieser Betätigung dem die Arbeit Verrichtenden