©anet: Nachdem wir eine schriftliche Umfrage veranstaltet und allen Vorständen
Gelegenheit gegeben hatten, zur Frage des Anschlusses an den Volksbund Stellung
zu nehmen, glaubte ich, die Sache wäre damit erledigt. Wäre die Frage erst vor die
Vorständekonferenz gebracht worden, dann würde wahrscheinlich erklärt worden sein,
daß man nicht entscheiden könne ohne erst seinen Gesamtvorstand gehört zu haben.
Bei wichtigen Angelegenheiten müssen die Vorstände auch einmal innerhalb acht Tagen
entscheiden können. Wenn man die Grundfrage zu entscheiden hat, ob man über
haupt mitmachen will, kann man nicht die Einzelheiten in den Vordergrund schieben,
die sich eventuell daraus ergeben könnten. M wenn ich mich zur Mitarbeit bereit
erklärt habe, kaun ich meinen Einfluß geltend mächen. - Wir denken nicht daran, uns
in eine Situation zu begeben, die nicht die Zustimmung der großen Mehrheit der
Verbandsvorstände finden kann. Ich bitte darum, daß die Konferenz noch einmal
Stellung nimmt. Soll der Anschluß nicht vollzogen werden, wird er unterbleiben;
wir sind jederzeit in der Lage zurückzutreten. Mit unserem Rücktritt wird der ©und
überhaupt; nicht ins Leben treten. Was die Bedenken gegen die Tätigkeit des Bundes
betrifft, ist zunächst zu sagen, daß der Handwerkerbund usw. und auch der Hansabund
nicht in Frage kommen, sondern bis jetzt nur reine Arbeitnehmerorganisationen:
neben unseren Gewerkschaften die Christichen, die Gewerkvereine, der Verband der
Eisenbahnhandwerker und -arbeiter, während die Arbeitsgemeinschaft der kaufmänni
schen Angestellten beschlossen hat, als solche nicht beizutreten, sondern ihren Organi
sationen -den Beitritt freizustellen. Der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband
tritt nicht bei. Auch die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände hat ihren
Beitritt abgelehnt. Von dieser uns am nächsten stehenden Gruppe hat der Hand
lungsgehilfenverband sich gegen, der Verband der Bnreauangestellten für den Bei
tritt erklärt. Der Bund technischer Beamten stellt die politische Neutralität in den
Vordergrund. Die Interessengemeinschaft der Beanitenvereine hat sich zum Beitritt
bereit erklärt. Sind diese Organisationen auch nicht alle einer Meinung, insbesondere
nicht in der Verfolgung der letzten Ziele, so können sie sich doch in konkreten Fragen
verständigen. Zunächst -kommt in Frage die Stärkung der Reichstagsmehrheit für den
Berständigungsfrieden. Es ist festgestellt, daß die beteiligten Organisationen sich
auf den Boden der Resolution vom 19. Juli stellen, der Antwort an den Papst und
der Rede Kühlmanns. Ueber den Verständigungsfrieden gehen die Ansichten genau wie
bei der R-eichstagsmehrheit auseinander, doch wird sich der Boksbund in Streit
fragen darüber nicht einlassen. Für den Berständigungsfrieden eintreten heißt, die
annexionistischen Treiber scharf bekämpfen, Stellung zu nehmen gegen die Alldeutschen.
Daß nicht annektiert werden soll, darüber herrscht Einverständnis, wie aber der Ver
ständigungsfrieden sonst aussehen soll, darüber gehen die Meinungen natürlich aus
einander. Einigkeit herrscht auch darüber, Laß Handel und Industrie zu stärken ist.
Wenn früher andere Auffassungen von Parteien, die heute die Reichstagsmehrheit
bilden, vertreten wurden, so ist es doch schließlich gerade der große Erfolg, den die
Sozialdemokratie errungen hat, daß sie sich außerordentlich gewandelt haben. Wenn
wir durch Zusammenschweißung der wirtschaftlichen Organisationen von rechts bis
links Boden gewinnen und Aufklärung in die Bevölkerung tragen, wenn die Leute
sehen, daß große Teile der Bürgerlichen auf unserem Standpunkt stehen, dann wird
dies wesentlich dazu beitragen, die Abschwenkung der bürgerlichen Parteien ins
annexionistische Lager zu verhindern. Wir werden uns verständigen, daß bei öffent
lichen Reden die mittlere Linie eingehalten wird und Aeußerungen, die -annexio-
nistisch gedeutet werden können, nicht vorkommen. Wenn wir einen starken Zulauf
aus den Kreisen der Intellektuellen bekommen, die nur darauf warten, daß -sie ihren
Willen bekunden können-, so erhalten wir eine Verstärkung der Bekämpfung des
annexionistischen Gedankens. Wir wollen kein Programm aufstellen, wie der Friede
zustande kommt, sondern die annexionistischen Ideen bekämpfen und dem Volke klar
machen, daß der baldige Friedensschluß und die Verständigung nnt den anderen
Völkern im Interesse des Landes liegt. Auch in innerpolitischer Beziehung handelt
eö sich darum, bestimmte Forderungen in den Vordergrund zu stellen und mit aller
Kraft dafür einzutreten. Der Bund wird eintreten für das allgemeine, gleiche.