21
WaZ könnten gegen diese Auffassung die Ziffern des Zerrn Bürger beweisen?
Hätte sich die Lage der deutschen Arbeiterklasse wirklich so sehr gehoben, wie er
uns glauben machen möchte, wir wären die Ersten, es mit Freuden zu begrüßen,
denn ihre Kampfesfähigkeit wäre in demselben Matze gewachsen. Wir haben nicht
die mindeste Ursache, die Fortschritte des Proletariats zu verkleinern. Aber aller
dings haben wir auch keine, seine Lage zu beschönigen und besser darzustellen, als
sie ist, denn das hiehe das Proletariat über seine Kraftverhältnisse und seine Auf
gaben täuschen und ihm die Schwierigkeiten weglügen, die es noch zu überwinden
hat, kurz, es in einer Weise irreführen, die es wenigstens vorübergehend auf
falsche Wege leiten könnte.
Wer das erreichen will, der hat freilich alle Ursache, rosig zu malen. Da
gegen hat die Sozialdemokratie nicht das geringste Interesse daran, die Wahrheit
zu entstellen.
d) Vas Sterzen der Löhne.
Kein Zweifel, die mächtig anschwellende Arbeiterbewegung und die Furcht
vor ihr haben manche Verbesserung in der Lage der arbeitenden Klassen gezeitigt.
Man findet schon breite Schichten der Arbeiterklasse, die im Stande sind, sich
gewerkschaftlich zu organisiren oder die in den Bereich der Arbeiterschutz-Gesetz
gebung gelangt sind und die dadurch ihre Lage, mitunter ganz erheblich, gebessert
haben. Aber alles das ist geringfügig, wenn man bedenkt, wie viele Arbeiter-
schichten immer noch schutzlos dem Kapitalismus preisgegeben bleiben und daher
immer tiefer im Elend versinken, wie z. B. die Masse der hausindustriellen
Arbeiter; wenn man weiter bedenkt, daß es kein Mittel giebt und auch keines in
Aussicht steht, die Krisen zu bannen, die zeitweise in immer größerer Ausdehnung
über die kapitalistische Gesellschaft hereinbrechen und Noth und Elend über die
gesammte arbeitende Bevölkerung verbreiten; wenn man endlich bedenkt, wie
fabelhaft die Technik sich entwickelt hat, die Produktivkräfte gestiegen sind und
das Kapital und die Masse des Profits angewachsen ist. Verglichen damit sind
die Fortschritte der Arbeiterschaft immer noch höchst geringfügige zu nennen.
Herr Bürger vergitzr ganz, uns die Kehrseite der Medaille zu zeigen. Er
weiß nichts von dem Elend der ungeschützten und unorganisirten Arbeiter; er
huscht hier, wo er vom Elend handelt, ebenso über die Krisen hinweg, wie er bei
seinen Ausführungen über den Niedergang des Kleinbetriebes blind war für den
Fortschritt der Kartelle und Trusts. Diese Erscheinungen, die kennzeichnendsten
der heutigen Lage des Kapitalismus, existiren nicht für ihn.
Den Krisen geht unser Wahrheitsfanatiker so sorgfältig auZ dem Wege, daß
er in seinem Abdruck des sozialistischen Programms, das er vernichten will, den
Absatz, der von den Krisen handelt, eigens wegläßt. Welch'
sonderbarer Zufall!
Ebensowenig wie von dem Krisenelend spricht Bürger von dem enormen
Anwachsen des Kapitals und seiner Produktivkräfte.
Für alles das hat er keine Augen. Dagegen sind sie sehr scharf, jede Ver
besserung in der Lage der arbeitenden Klassen zu entdecken, ja so scharf, daß sie
sogar Dinge sehen, die nicht da sind.
Einige Stichproben mögen genügen.
Um zu zeigen, wie sehr sich die Lage der Arbeiter gebessert hat, theilt CS
Folgendes mit:
„Der Sozialist Marshall schrieb 1885: „Zu Beginn des Jahrhunderts
waren die Preise der Bedarfsartikel der Arbeiter, eins in's andere gerechnet,
nahezu doppelt so hoch wie heute. Gleichzeitig hat sich der mittlere Geldlohn der
Arbeit auf das Doppelte gehoben. “
Den „Sozialisten" Marshall, durch dessen „Geständnitz" Bürger hier di«
anderen Sozialisten z>r vernichten sucht, schenken wir chm. Der Drofejsor da