tige, allwissende, alliebende, allgegenwärtige mensch
liche Seele, die sie nun Gott nennt. So wie nun ein
menschlicher Künstler ein Kunstwerk, z. B. eine Uhr,
macht, diese Uhr aber sehr unvollkommen sein würde,
wenn der Künstler immerfort bald hier, bald da ein
Rädchen drehen, rücken oder auf irgendeine Art immer
nachhelfen müßte, so hat der höchst vollkommene
Künstler auch eine Maschine gemacht, die aber, eben
darum, weil der Meister höchst vollkommen ist, auch
höchst vollkommen sein muß und also nirgends eine Nach
hilfe oder Mitwirkung des Künstlers nötig haben darf.
Daß aber dieser schreckliche Grundsatz nicht wahr
ist, das sagt uns unser eigenes Freiheitsgesühl, aber
auch eben die nämliche Vernunft; denn wenn er
wahr wäre, so wäre jede menschliche Handlung, so wie
sie geschieht, vom Schöpfer bestimmt. Die greulichsten
Taten, die irgend nur Menschen begehen können, und
die schrecklichsten Leiden, die sich die Menschen unter
einander zufügen, alle die Unterdrückungen der Wit
wen und Waisen, alle Greuel des Krieges usw., das
alles hat der Gott der neuen Aufklärung gewollt,
denn er hat ja die Natur so eingerichtet, daß das
alles erfolgen mußte.
Daß jede nur einigermaßen vernünftige Vernunft
vor diesem gewiß logisch richtigen Folgesatz zurück
beben muß, wird niemand leugnen. Folglich steht
hier die Vernunft mit sich selbst im Widerspruch. Und
wo das der Fall ist, hört ihr Gebiet auf. Schrecklicher
läßt sich nichts denken, als wenn man die menschliche
Vernunft, besonders in unsern Zeiten, wo der un
bändigste Lupus und die unbändigste Sittenlosigkeit
miteinander wetteifern, auf solche Wege leitet — und