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weder von ihrer Kirche noch von bürgerlichen Gesell
schaften ab. Sie erscheinen da allenthalben, wo ihre
Erscheinung weder Ärgernis noch Sünde gebärt. Sie
vermeiden mit eben der Sorgfalt den äußern Schein
der Heiligkeit, mit der sie den Schein und das Sein
der Eitelkeit vermeiden Sie tun Gutes jedermann
und suchen das weder zu verstecken noch zu entdecken.
Sie sind die besten Untertanen, die besten Ehegatten,
die besten Eltern und die besten Nachbarn. Leser,
wo du einen solchen findest, da bete an; denn du
hast einen wahren Christen gefunden.
Auf dieser Erde ist kein liebenswürdigeres und
einnehmenderes Wesen als ein wahrer Christ; — ich
sage „wahr"; denn den Schwärmer, den Heuchler, den
Taburettkrämer, der über seine Waren, Erfahrungen
und Erleuchtungskenntnisse auskramt, mag ich jetzt
meines Andenkens nicht würdigen. Der wahre Christ
ist kein Rechthaber, denn er ist kein Egoist. Er weiß,
daß er wenig weiß. Er dient gern jedermann und
wählt die Unterstelle, denn er ist demütig. Er opfert
da, wo es erforderlich ist, seinen Ruhm seinem Neben
menschen auf; denn er sucht nicht das Seinigc, sondern
das, was des andern ist. Er begegnet seinen Feinden
mit freundlicher Würde und tut ihnen Gutes, wo er
kann; denn er weiß, daß Jesus Christus, sein Vorbild,
für seine Feinde bat.
Wenn du einen entdeckest, der im Verborgenen dem
Hungrigen Brot gibt, den Nackenden kleidet, den
Fremdling beherbergt, den Kranken erquickt, den Ge
fangenen tröstet und sich mit der Tat für den Kleinsten
im Himmelreich hält, — dem gib die Bruderhand,
seine Uniform mag aussehen wie sie will. Wer nach