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der Uniform urteilt, der urteilt wie ein Pharisäer.
Wer aber auf das Herz sieht, der gehört zu den Un
mündigen, denen der Herr seine Geheimnisse offenbart.
Solltest du auch endlich zuweilen einen sehen, der zum
Besten der Menschen Krafttaten verrichtet, die über
deinen Horizont gehen, so darfst du dich wohl deiner
Fühlhörner, aber ja nicht deines Stachels bedienen.
*
Was heißt das: in der Gegenwart Gottes
wandeln? Immer beständig wachsam sein auf seine
Gedanken, Worte und Werke. Alles, was du denkst,
gilt es zu prüfen, ob es dem Willen Gottes gemäß
ist. Alle deine Worte mußt du erst abwägen, ehe du
sie aussprichst, — ob du sic auch sage» würdest, wenn
der Herr Christus da gegenwärtig vor dir stände.
Und ebenso mußt du auch alle deine Handlungen,
ehe du sie ausführst, untersuchen, ob sie auch Christus,
wenn er an deiner Stelle gewesen wäre, würde so
ausgeführt haben. Sieh, das heiße ich in der Gegen
wart Gottes wandeln. Wir wollen uns immer so
ausführen, wie wir uns aufführen würden, wenn
Christus immer sichtbar um uns wäre.
Ein Mensch, dem die beständige Prüfung seiner
selbst zur anderen Natur geworden ist, der findet,
daß alle Kräfte und Anlagen schlechterdings von
Gott sind und daß er sich selbst keine Vorteile zu
verdanken habe. Zugleich wird er gewahr, daß er
durchaus keine gute Handlung hätte ausführen können,
wenn sie ihm die Vorsehung nicht hätte gelingen
lassen, und daß alles bloß elendes Stückwerk sei, was
er allein wirkt. Hingegen daß alles vortrefflich von
statten gehe, wo ihm Gott, der seine Menschenkinder