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Sollte es mit uns zum Leiden kommen, so dürfen
wir uns denen wohl entziehen, die wir, ohne der
guten Sache zu schaden, vermeiden können. Wo das
aber nicht möglich ist, da müssen wir uns willig
hingeben, auf daß die Schrift erfüllet werde. Wir
müssen auf alle Umstände merken und sehen, wo die
göttliche Vorsehung hinaus will; diesen Fußstapfen
müssen wir folgen, und wenn es auch zum Tode
gehen sollte. Überall, wo sie uns hinführt, werden
wir ewiges Leben finden.
Unser Meister macht uns die Lektion schwerer, je
näher wir zum Ziel kommen. Das ist ja aber auch
schulgerccht. Besonders, da wir hier nie auslernen
können. — Wir müssen uns vom Glaubcnsfädchcn,
das aus dem heiligen Dunkel herabhängt, führen
lassen, wenn wir keinen Schritt vor uns sehen. —
Der Herr versteht die Erziehung vortrefflich. Er
sei gelobt für alles Gute, das er uns nach Leib und
Seele erweist! Der Weg der Heiligung ist oft steil
und schwer. Aber wenn wir nur treu bleiben, so
bleiben auch die erhabenen Prüfungen des Herrn
nicht aus, die uns dann wieder zum Fortpilgern
stärken. Ich weiß aus Erfahrung, daß uns der Herr
oft lange prüft, ehe er uns das gibt, was wir wünschen.
Wenn wir nun da geduldig und ergeben in seinem
Willen ausharren, so segnet er uns hernach über
schwenglich.
Der Züricher Prediger Jvh. Casp. Lavater war am L6. Sep
tember 1799 durch eine» französischen Soldaten schwer verletzt
worden und litt sehr bis zu seiner erst im Januar 1801 er
folgten Auflösung. Der folgende Brief zeigt, welch ei» inniges
Freundschaftsband Jung-Stilling mit ihm verknüpfte.