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Jung-Stillmg schrieb die folgenden Worte im Januar 1600
an seinen Freund Antistes Joh. Jac. Heß, seit 1785 Pfarrer
am Großmünster in Zürich.
Er wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen
(Mal. 3, 3). Er setzt sich so ruhig und ausdauernd
bei seiner Schmelzarbeit nieder und treibt das Silber
ab, bis es vollkommen 16lötig geworden. Jetzt ist
die Schweiz auf dem Trribherd.
Und was dann nach dem Silberblick übrig bleibt,
das taugt ins Reich Gottes. Eben darum muß die
Dcrsuchungsstunde über den ganzen Erdkreis kommen.
Die ganze Menschheit muß auf den Herd. Denn der
Herr kann keine anderen als vollkommen bewahrt
gefundene Bürger in seine Monarchie aufnehmen.
Auch an uns wird die Reihe kommen.
Jetzt ist die Zeit des Wachens und Dctens und des An-
einanderschließens. Ach Gott! Wie traurig ist es doch,
daß wir noch immer andern den Splitter ausziehen
wollen! Jede Partei will recht haben und keiner andern
nachgeben. Und am Ende hat doch niemand recht als
der Herr und seine Bibel. Wer von Herzen an den Sohn
Gottes glaubt und sein Bild in sich trägt, der ist mein
Bruder. Seine zufälligen Meinungen gehen mich nichts
an. Wir gehören zu der Gemeinde, deren Charakter
Philadelphia (Bruderliebe) ist. — Nun, der Herr ver
läßt die Seinigen auch in der Glut des Leidens nicht. —
Wann wird's denn Friede,Herr der Heerscharen? Wenn
das Silber rein ist. Am Blei fehlt's nicht, auch nicht am
Feuer, auch nicht am Schmelzen. Herr, erbarme dich!
Könnten wir uns doch nur immer in der seligen
Nähe des Herrn erhalten, so würde uns in der Glut
des Leidens wohl sei», so wie den drei Jünglingen