Full text: Aus der älteren Geschichte der Rosenkreuzer

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auch insofern irrelevant, als es für uns genügt, festzustellen, 
dass die Möglichkeit der Mutation tatsächlich von den Zeit 
genossen geglaubt wurde, und dass der eine oder der andere 
der Adepten diesem oder jenem Alchymisten von Ruf unter 
den Lebenden den Besitz des Steines der Weisen in Wirklich 
keit zuschrieb. Dies als erwiesen angenommen, — und dazu 
berechtigt uns das Studium der Geschichte unter allen Um 
ständen, selbst auch bei der Annahme, dass es sich de facto 
um einen Irrtum gehandelt hätte, — so haben wir zugleich 
den Beweis der bona fides für die Rosenkreuzer erbracht, 
wenn sie in ihrer Allgemeinheit sich dieses Besitzes gegenüber 
der Öffentlichkeit rühmten. War auch der einzelne nur erst 
ein Suchender, ein Strebender, der selbst das ersehnte Ziel 
noch nicht errreicht hatte, so glaubte er doch, dass andere zu 
grösserer persönlicher Vollkommenheit Vorgeschrittene bereits 
von Gott der Auffindung des Steines der Weisen gewürdigt 
worden seien. Und in diesem »der Auffindung des Steins von 
Gott gewürdigt« liegt der Schlüssel zu einem Verständnis des 
tiefsten Wesens der Alchymie und des sich aus ihr entwickeln 
den Rosenkreuzertums. Der Stein der Weisen liess sich nicht 
lehren oder mitteilen wie ein Rezept; er w r ar eine Gnade von 
oben, ein Geschenk des Himmels, welches aber nur dem Wür 
digsten zu teil werden durfte. Er konnte wohl von Gott 
erbeten, vor allem aber musste er erarbeitet werden durch 
einen unsträflichen Lebenswandel. So sehen wir die älteren 
Chymisten als fromme, ja geradezu als heilige Männer durchs 
Leben gehen. Daher fehlt auch dem Bestreben, die Gold 
machekunst zu erlernen, von vornherein jeder banale Zug, 
denn das Zeitbewusstsein w T ar ganz und gar von dem Gedanken 
durchtränkt, dass ein unedles Motiv, wie das der persönlichen 
Bereicherung, das Streben, sich durch Gold sinnliche Genüsse 
zu verschaffen, den angehenden Chymisten per se von der 
Möglichkeit ausschliesse, jemals zur Auffindung des Steines zu 
gelangen. Wo wir daher von der angeblichen Erzeugung 
chymischen Goldes hören, ist dessen Verwendung stets guten 
Zwecken Vorbehalten, so bei Lull und Flamellus, welche vor 
züglich mit dem von ihnen transmutierten Metall Spitäler und 
Kirchen errichteten, oder bei Rippley, der den damals von 
den Türken hartbedrängten Johanniterorden in wahrhaft könig 
licher Weise unterstützte, so bei Crinot, der der Fama nach 
1300 Kirchen von projiziertem Gold erbaut haben soll u. s. f. 
Auch Luther hatte den tiefreligiösen Kern, welcher in der 
chymischen Kunst steckt, voll erkannt, denn er lobt diese 
»nicht nur wegen ihres praktischen Nutzens, sondern auch 
wegen ihres herrlich schönen Gleichnisses, das sie hat mit der 
Auferstehung«. Daher ist nichts verkehrter als die Annahme, 
die Rosenkreuzer hätten auf die Chymie religiöse und mystische
	        
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