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6. Sendschreiben an die allerselig'ste Fraternität des ge
wünschten Rosenkreuzes. Von G. A. D.
Alle drei der Fama beigedruckt, Frankfurt 1615.
Nach Sendschreiben 4 hätte die Fraternität auf Zuschriften
stets geantwortet.
7. Sendbrief der Brüderschaft des löblichen Ordens des
R. C. Von Julianus de Campis. Cassel 1616.
Offizielle Aufklärungsschrift. Enthält folgenden Passus:
»Wie sagt die höchste Weisheit durch Gottes Geist, unser
Seligmacher Jesus Christus? Suchet am ersten das Reich
Gottes, id est: sapientiam de Deo; das lass dein Ergon sein,
so wird euch das andere alles — zufallen. Das ist dein Par-
ergon. Ich sage dir die Wahrheit und merke diesen Unter
scheid.«
Und ferner:
»Es möchte aber eins fragen, was die Fraternität anbe
langt, wo doch der Ort derselben Fraternität sey, oder wo
man der Brüder vom Rosenkreuz Collegium finden solle?
Hierauf will ich dir mit Wenigem Bericht thun, und wisse, dass
die Brüder in ihrem ikusschreiben zu verstehen geben, wie du
auch selbst lesen kannst, dass noch zur Zeit keine incorporierte
Versammlung aller Rosenkreuzer an einem gewissen Ort an-
gestellet und vorhanden sey. Anlangend das Collegium mit
seinen Ordinanten, wird solches die Zeit producieren.« —
Es hat also hiernach den Anschein, als ob um das Jahr
1616 herum in Deutschland die Fraternität nur von einer viel
leicht räumlich weitverbreiteten, aber nur aus zerstreut leben
den Gliedern bestehenden Gesellschaft gebildet worden wäre.
Dies hindert nicht, anzunehmen, dass bereits Ordensgesetze be
standen und gelegentliche Zusammenkünfte einzelner Brüder
stattfanden. Dass der »Ort« der Rosenkreuzer lediglich eine
Fiktion war, sagt jedem, der die rosenkreuzerische Art, zu
schreiben, versteht, schon der Name. Ist es doch gerade Sanctus
Spiritus, der die Brüder geistig zusammen führt. Im »Geiste«
und in der Wahrheit sollen sie sich nach Christi Gebot finden.
Sobald es zur örtlichen Gründung von Collegien kommt, lesen
wir von »hohen Häusern«, später »Kirchen« oder auch »Logen«.
8. Von einer fremden Mannsperson, welche in jüngst ver
flossenem Jahr (1615) durch des h. Reichs Stadt Wetzflar ge
reist, und sich nicht allein für einen Bruder des Ordens des
Rosenkreuzes ausgegeben, sondern auch durch vielfältige Ge
schicklichkeit, und allerhand Sachen Wissenschaft, mit Worten
und Werken sich also erzeiget hat, dass man sich ob ihm ver
wundern müssen, gründliche Relation Georg Molthers, der