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der Auffassung bei, als ob dieser Christian de Croix, der sog.
Rosenkreuz, die Veranlassung zur nachherigen Bezeichnung der
Rosenkreuzer gewesen sei. Indes dies ist völlig unwahrschein
lich, und hat diese Annahme bei den Autoren auch keinen An
klang gefunden. Wollen wir selbst die Persönlichkeit des
Christian de Croix (Groit, Groot, Magnus), genannt Rosenkreuz,
weil er die »Rosenkreuz« genannte Materie bearbeitete, als eine
historisch feststellbare annehmen, so würde doch der Nachweis
vollkommen missglücken, dass dieser Christian derart ent
scheidend in die Entwicklung des Rosenkreuzertums einge
griffen hätte, dass er dieser Bewegung seinen Namen auf
gedrückt hätte. Sagt doch der obige Gewährsmann selbst,
dass zu jener Zeit beispielsweise auch die Fratres vitae com
munis in Hamburg dasselbe »Rosenkreuz« bearbeitet hätten
und zwar ganz unabhängig von jenem de Croix. Von dem
Gelingen der Gründung einer Genossenschaft durch diesen
wissen wir nichts, und auch von den Hamburgern sowohl als
den niederländischen Groots meldet der Gewährsmann sogar
ausdrücklich, dass zur Zeit eine Verbindung nicht bestehe.
Diese Erwägungen führen uns vielmehr zu einem ganz
anderen Schlüsse: Was dem einen recht, ist dem andern billig.
Hat dem Christian de Croix oder Groot die Beschäftigung mit
der »Rosenkreuz« genannten Materie den Beinamen Rosen
kreuz eingetragen, so trifft dies auch für andere zu, sei es nun
für die derzeitigen Chymisten überhaupt, sei es nur für die
jenigen Gruppen derselben, welche speziell in der angegebenen
Weise mit dem oben gekennzeichneten Grundmaterial die Her
stellung des Steines der Weisen betrieben. Weit entfernt also,
dass der Fall des Christian Groot die Annahme, dass der Name
der Rosenkreuzer aus dem Handwerksgebrauch stamme, ent-
kräftigte, bestärkt er uns vielmehr in dieser Überzeugung,
indem er für eine einzelne Person die Beilegung des Namens
»Rosenkreuz« als aus dem Metier entnommen nachweist, also
das konkret erhärtet, was wir für die ganze Gruppe allgemein
beanspruchen.
Dass eine bestimmte Substanz, welche zur Bereitung des
Lapis philosophorum diente, den Namen »Rosenkreuz« führte,
können wir allerdings augenblicklich nur durch die obige Stelle
belegen. Um so häufiger aber begegnen wir in den Werken
älterer Chymisten, so bereits im vierzehnten Jahrhundert, der
roten und weissen Rose, wie denn auch das Zeichen des
Antimonium, als der zu bearbeitenden Materie, den geteilten
Kreis, zwei Rosen vorstellend, mit dem Kreuz darauf, trug.
Nehmen wir nun noch hinzu, dass es sich bei der Entwicklung
des Rosenkreuzertums um eine von breiten Massen der chymi-
schen Philosophen getragene und nicht um eine von einem
Einzelnen eingesetzte und begründete Institution handelt, so