Full text: Aus der älteren Geschichte der Rosenkreuzer

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Lehre der bevorzugten und höchststehenden Klasse oder der 
Priesterkaste herausgebildet, so sehen wir die rosenkreuzerischen 
Geheimbünde aus dem alchymistischen Metier hervorgehen und 
zwar keineswegs als eine bewusst dem liandwerksgemässen 
Gebrauch ihre Bezeichnungen als symbolische solche entlehnend, 
sondern gewissermassen unbewusst aus einer handwerkerlichen 
oder — wem dies nicht sympathisch klingt, aus einer — fach 
wissenschaftlichen, technischen Genossenschaft zu einer rein 
ethischen Gesellschaft fortschreitend. 
Es versteht sich von selbst, dass sich dieser Prozess nur 
allmählich vollzog und in seiner Entwicklung verschiedene 
Phasen durchlaufen musste. Schon in der Gründung des 
alchymistischen Ritterordens sehen wir ein erstmaliges Auf 
flammen des rosenkreuzerischen Gedankens, und die Rosen 
kreuzer nachmaliger Zeit kann unmöglich ein Vorwurf deshalb 
treffen, weil sie es später w'agten, das Ordenswappen ihrer 
Schrift »vom Wasserstein der Weisen« Vordrucken zu lassen. 
Denn hatten sie auch keine direkte Beziehung zu diesem Orden, 
so war es doch Geist von ihrem Geiste, der sich in jener Grün 
dung aussprach. Ein Gleiches gilt von Paracelsus, jenem hoch 
strebenden, aber unruhigen Manne, der, keiner Gesellschaft 
angehörend, sich nirgendwo ein- oder gar unterordnend, doch 
mit Recht als ein Herold der rosenkreuzerischen Idee ange 
sprochen wird. Überdies waren es des Paracelsus unmittelbare 
Schüler, von denen die Gründung der rosenkreuzerischen Gesell 
schaften tatsächlich ausgegangen ist, wie dies Seniler (B„ pag. 18) 
nachweist. Gerade bei ihnen lagen die Bedingungen vor, welche 
zur Entwicklung solcher Fraternitäten führen mussten, denn 
im Geiste ihres Meisters suchten sie auf den Kern der Dinge * 
zu dringen und aus den engen Banden der chymischen Technik 
heraustretend die metaphysische Wurzel der Alchymie zu er 
fassen. Zudem strebten sie unter Verwerfung der derzeitigen 
Schulwissenschaft ihrem Ziele auf neuen Wegen zu, und so er 
klärt sich einerseits das Entstehen geheimer Gesellschaften, 
andererseits der reformatorische Charakter, den die Rosen 
kreuzerei bei ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit zeigte. 
Sattsam schon haben wir in unseren obigen Ausführungen 
den tief religiösen Sinn betont, in dem unsere ehrlichen Chy- 
miker an ihre Arbeit gingen. So dämmerte ganz allmählich 
mehr und mehr in ihnen die Wahrheit des Wortes auf, welches 
Jesus von Nazareth gesprochen: »Suchet erst (las Reich Gottes 
und alles andere wird euch zugegeben werden.« Das 
ist das tiefe Mysterium, welches der chymische Laborant in der 
stillen Klause seines verborgenen Laboratoriums fand, und 
damit wurde er zum Rosenkreuzer. Der Stein der Weisen, 
das lernte der Jünger der chymischen Kunst von Tag zu Tag 
mehr, bist du selbst. Dein eigenes Herz ist die prima
	        
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