Full text: Aus der älteren Geschichte der Rosenkreuzer

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materia; die schmelze, reinige und sublimiere, bis sie 
aller Schlacken und Unvollkommenheiten bar und 
ledig zum puren Golde wird. Wenn auch verhüllt durch 
mystischen und philosophischen Schwulst, wie es dem Ge- 
schmacke der Zeit und vielleicht der Absicht des Verfassers 
entsprach, tritt uns in der Fama, jener ersten bedeutenderen 
rosenkreuzerischen Publikation, diese Lehre für jeden Einsich 
tigen klar und offen entgegen. Das Ergon, sagt sie, ist die 
Heiligung des inneren Menschen, die Goldmachekunst erst das 
Parergon. Damit ist die wahre rosenltrcuzerische Formel 
gefunden. In diesem Sinne betrachtet, erscheint uns auch des 
Montanus Klage, dass ihn die niederländischen Rosenkreuzer 
(die älteste Gesellschaft, welche wir unter diesem Namen nach- 
weisen können) im Haag von 1592 ab dreissig Jahre lang mit 
falschen Praktiken herumgeführt und 1622 endlich aus ihrer 
Fraternität ausgestossen hätten, verständlich. Freilich, die 
Kunst, Gold zu machen, konnten auch sie ihn wohl nicht lehren, 
und da er mutmasslich für die symbolische Bedeutung kein 
Verständnis besass, war eine Trennung unvermeidlich. 
Dass aber schon zu jener Zeit die Bruderschaft der Rosen 
kreuzer eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung besessen hat, 
erfahren wir aus desselben Montanus Munde, der berichtet, dass 
an der Spitze der gesamten Confraterie ein sog. Imperator ge 
standen habe. Auch Renatus Sincerus, welcher 1714 schrieb, 
berichtet über das Bestehen der rosenkreuzerischen Kaiser 
würde seit dem Jahre 1614. Hundert Jahre später unterzeich 
net von Friesau als Imperator; währenddes aber hatte die 
Fraternität, wie wir schon aus den Statuten ersahen, wichtige 
Veränderungen erfahren. 
In religiöser oder genauer gesagt konfessioneller Beziehung 
standen die älteren Rosenkreuzer unbedingt auf dem Stand 
punkt der Reformation. Semler sagt ihnen Beziehungen zur 
hussitischen Bewegung nach, und dem entspricht auch noch 
die spätere Erklärung in der »Fama«, welche den utra- 
quistischen Standpunkt mit auffallender Deutlichkeit betont. 
In allen rosenkreuzerischen Schriften wird gegen den römischen 
»Brückenmeister«, wie man den Papst darin nannte, mobil 
gemacht und zur Unterstützung der Oranier und anderer 
Fürsten, die auf der Seite des Evangeliums standen, aufgefor 
dert. Dem böhmischen Winterkönig, den man geradezu den 
rosenkreuzerischen Kaiser genannt hat, mögen alle Herzen von 
der Fraternität zugejubelt und mit ihm den traurigen Ausgang 
seines Unternehmens beklagt haben. »Obwol die Societas,« 
heisst es in der Confessio, »mit einiger Sicherheit für Leib und 
Leben jetzt den Papst als Antichrist ausrufe, so werde doch 
erst die Zeit kommen, wo sie alle ihre Geheimnisse ins volle 
Licht stellen werde.« So sehen wir alle politische Teilnahme
	        
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