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um geheime Gesellschaften handelt, hat sich die Geschichts
forschung von vornherein bemüht, bei der Entwicklung dieser
Bewegung einzelne Gruppen hervorzuheben. So redet man
von den alten und den neuen Rosenkreuzern, zwischen denen
einige Autoren noch die Gruppe der wahren Rosenkreuzer
interpolieren. Nur den Ursprung der Rosenkreuzerei hat man
sich gewöhnt, einer bestimmten Person zuzuschreiben, ob mit
Recht oder Unrecht, wollen wir später untersuchen.
Allgemein führt man die Begründung der Rosenkreuzerei
auf Johann Valentin Andreae zurück. Dieser soll zunächst
die »Fama« (gedruckt im Jahre 1614), alsdann die »Confessio«
(gedruckt bereits im Jahre 1613, also schon vor der älteren
Fama) und schliesslich die »Chymische Hochzeit« (gedruckt 1616)
verfasst haben. Entsprechend seinem Namen Andreae führte
er in seinem Petschaft ein Andreaskreuz und umgab dies zum
Zeichen der Verschwiegenheit mit vier Rosen (sub rosa). Daraus
soll das Wappen der späteren Rosenkreuzer hervorgegangen
sein, ein Andreaskreuz mit einer Rose und der Umschrift:
Crux Christi corona Christianorum.*)
Andreae nun soll um das Jahr 1620 die Fraternitas christiana
gestiftet haben, unter Schaffung der mythischen Person des
Christian Rosenkreuz als Urstifter. Man beachte wohl den
Zusammenhang der Namen für Gesellschaft und angeblichen
Begründer, christiana und Christian. Erst später trat der Name
Friedrich als Vorname des angeblichen Begründers der Bruder
schaft auf.
Was Andreae mit seiner Begründung beabsichtigt haben
soll, war eine Art Gelehrtenrepublik, ein Areopag der Männer
der Wissenschaft, der gleich dem Haager Schiedsgericht der
Welt Friede und Glückseligkeit bringen sollte. Doch in den
Wirren des dreissigjährigen Krieges gedieh die Gründung,
welche von vornherein nur als ein schöner, aber utopistischer
Traum angesehen werden konnte, nicht recht, und es sollen
nun mystische Philosophen und Alchymisten die Idee Andreaes
aufgegriffen haben.
So kam es, wie vielfach angenommen wird, im Jahre 1622
zur Gründung einer neuen Gesellschaft von Rosenkreuzern,
die sich im Gegensatz zu den alten als wahre Rosenkreuzer
*) Ich möchte gleich hier den Einwand widerlegen, dass die Gründung des
Rosenkreuzerordens durch Andreae dadurch erwiesen sei, dass derselbe sich des
gleichen Andreaskreuzes als Wappen bedient habe. Wenn selbst Andreae sich
durch den Wortlaut seines Namens teilweise oder gar ausschliesslich hat bestimmen
lassen, ein Andreaskreuz für sein Petschaft zu wählen, so finden wir die Aufnahme
dieses Sigillum einesteils überhaupt erst bei den späteren Rosenkreuzern, also
ohne direkten historischen Zusammenhang mit Andreae, und andererseits ist dieses
ein uraltes mystisches Symbol, welches sogar weit in die vorchristliche Ara hinein
reicht und zu dessen Annahme seitens der Rosenkreuzer es durchaus keiner An
lehnung an irgend eine bestimmte Person bedurfte.